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Der Mindestlohn und seine Stolperfallen: Tipps für Arbeitgeber

Mindestlohn: im Prinzip einfach, im Detail oft kompliziert

In Deutschland gilt ein verbindlicher gesetzlicher Stundenlohn. Seit dem 01. Januar 2024 beträgt er 12,41 Euro pro Arbeitsstunde. Am 01. Januar 2025 wird er auf 12,82 Euro steigen. Im Jahr 2023 lag er noch bei 12 Euro.

Mindestlohn bedeutet: den jeweiligen Betrag müssen (fast) alle Beschäftigten als Brutto-Stundenlohn bekommen. Neben der Höhe ist auch die Zahlungsfrist vorgegeben: der Mindestlohn muss bis zum letzten Bankarbeitstag des Folgemonats bezahlt werden: wenn der Juni-Lohn im Juli fällig wird, muss der Mindestlohn spätestens Ende August beim Arbeitnehmer sein.

Das alles schreibt das Mindestlohngesetz (§2 Abs. 1 MiLoG) vor. Regelungen im Arbeitsvertrag, die davon abweichen, sind unwirksam.

Der Mindestlohn ist im Gesetz als Brutto-Stundenlohn festgelegt. Das bedeutet nicht, dass die Entlohnung in Form von Stundenlöhnen erfolgen muss. Andere Entgeltformen wie Monatslöhne, Akkordlöhne, Stücklöhne oder Erfolgshonorare müssen allerdings mindestens den jeweils geltenden Mindestlohnbetrag ergeben, wenn sie in Stundenlöhne umgerechnet werden.

Arbeitgeber haften dafür, dass der Mindestlohn bezahlt wird, und das pünktlich. Unternehmen, die Aufträge weitergeben, haften außerdem dafür, dass auch ihre Subunternehmer den Mitarbeitern Mindestlohn bezahlen. Erhalten diese zu wenig Lohn, können sie das Geld vom Hauptauftraggeber einfordern. Arbeitgeber mit Sitz im Ausland sind verpflichtet, in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmern den Mindestlohn bezahlen.

Vom Mindestlohn gibt es nur wenige Ausnahmen

Der Mindestlohn ist für fast alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vorgeschrieben. Dazu gehören auch Teilzeitkräfte, Mitarbeiter mit Zeitvertrag, kurzfristige Aushilfen, Minijobber sowie Arbeitnehmer, die aus dem Ausland nach Deutschland entsandt wurden.

Für Auszubildende gilt das Mindestlohngesetz nicht. Sie haben stattdessen einen eigenen Mindestlohn, die gesetzlich vorgeschrieben Mindestausbildungsvergütung (§ 17 BBiG). Auch dafür gelten seit Jahresbeginn 2024 neue Beträge.

Von der Zahlung des Mindestlohns nimmt das Gesetz ansonsten nur wenige Gruppen aus (§ 22 MiLoG):

  • Minderjährige ohne abgeschlossene Berufsausbildung,
  • bestimmte Praktikanten: bei einem Pflichtpraktikum muss kein Mindestlohn bezahlt werden, ebenso wenig einem freiwilligen studienbegleitenden oder Orientierungspraktikum bis zu drei Monaten.
  • Personen, die durch eine Berufsausbildungsvorbereitung oder eine Einstiegsqualifizierung gefördert werden
  • Langzeitarbeitslose während der ersten sechs Beschäftigungsmonate
  • Personen, die ehrenamtlich oder in einem Freiwilligendienst tätig sind

Für die Vergütung selbstständiger Auftragnehmer hat der gesetzliche Mindestlohn keine Bedeutung – außer wenn Scheinselbstständigkeit festgestellt wird.

Branchenmindestlöhne

In einer Reihe von Branchen gelten eigene Mindestlöhne. Diese liegen zum Teil deutlich über dem allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn und sind für alle Betriebe des jeweiligen Wirtschaftszweigs verbindlich. Eine Übersicht der Branchenmindestlöhne gibt es beim Zoll.

Falls ein Branchenmindestlohn unter dem allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn liegt, muss dieser bezahlt werden. Entscheidend ist also stets der höhere Betrag.

Was zählt zum Mindestlohn dazu, was nicht?

Das Gesetz gibt nicht vor, welche Lohnbestandteile und Arbeitgeberleistungen auf den Mindestlohn angerechnet werden dürfen und welche nicht. Deshalb musste diese Frage von den Arbeitsgerichten geklärt werden.

  • Grundsätzlich zählen alle Lohnbestandteile, mit denen der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers vergütet und die dem Arbeitnehmer verbleiben, zum Mindestlohn dazu: neben dem Grundlohn auch Schicht-, Erschwernis-, Schmutz- oder Gefahrenzulagen, Leistungsprämien, Provisionen, Überstundenzuschläge, Feiertags- und Sonntagszuschläge.
  • Wenn Arbeitgeberleistungen nicht an die Arbeitsleistung geknüpft, oder gesetzlich vorgegeben sind, oder dem Arbeitnehmer nicht verbleiben, oder nicht bar ausgezahlt werden, zählen sie für den Mindestlohn nicht mit. Das gilt zum Beispiel für die gesetzlich vorgeschriebenen Zuschläge zur Nachtarbeit, für vermögenswirksame Leistungen, für einen Kindergartenzuschuss und für alle Formen von Sachlohn vom Jobticket über den Zuschuss zum Kantinenessen bis zu Personalrabatten. Außerdem sind Erstattungen für Aufwand, Fahrtkosten, Berufskleidung und ähnliches nicht anrechenbar. Trinkgelder sind keine Arbeitgeberleistung und werden ebenfalls nicht berücksichtigt.

Die Abgrenzung ist längst nicht immer klar. Entsprechend häufig wird vor Gericht über die Anrechenbarkeit bestimmter Zahlungen auf den Mindestlohn gestritten. In manchen Fällen entscheiden Details. So ist der gesetzlich vorgeschriebene Nachtarbeitszuschlag nicht anrechenbar, ein darüber hinaus bezahlter Zuschlagsanteil schon.

Die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung dürfen beim Stundenlohn nicht mit eingerechnet werden.

Einmalzahlungen: es kommt darauf an

Einmalzahlungen wie eine Jahressonderzahlung, ein dreizehntes Monatsgehalt, Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld können sowohl anrechenbar als auch nicht anrechenbar sein. Das hängt von den genauen Umständen ab. Die Abgrenzung ist oft nicht einfach.

Entscheidend ist die genaue Formulierung der Vereinbarung, auf deren Grundlage die Leistung bezahlt wird. Wenn der Zahlung eine Arbeitsleistung gegenübersteht, ist sie mindestlohnwirksam. Stellen das Weihnachtsgeld oder die Jahressonderzahlung dagegen eine Prämie für die Betriebstreue dar, können sie nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden. In diesem Fall sind sie ja nicht an die Arbeitsleistung geknüpft, sondern nur an die Betriebszugehörigkeit.

Relevant ist außerdem der Zahlungszeitpunkt: Erfolgt die Auszahlung auf einmal, dann wird die Leistung nur in dem entsprechenden Monat auf dem Mindestlohn angerechnet. Erfolgt sie dagegen auf zwölf Monate verteilt, wird jeder Monatsanteil im jeweiligen Monat mitberücksichtigt.

Zwei Praxisbeispiele zur Mindestlohn-Anrechnung

Mit welchen Stolperfallen Arbeitgeber rechnen müssen, wenn sie die Entgeltstruktur unter Mindestlohngesichtspunkten optimieren wollen, zeigen zwei Gerichtsentscheidungen:

  • Keine einseitige Umstellung von Einmalzahlungen
    Ein Betrieb kündigte an, Weihnachts- und Urlaubsgeld nicht mehr zu bestimmten Stichtagen in voller Höhe zu bezahlen, sondern in Monatsanteilen über das Jahr hinweg, und sie für den Mindestlohn zu berücksichtigen. Dagegen klagte eine Mitarbeiterin mit Erfolg: Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg entschied, dass die monatlichen Zahlungen nicht auf den Mindestlohnanspruch der Frau angerechnet werden durften (LAG Baden-Württemberg, 11.01.2024 – 3 Sa 4/23).
  • Freie Unterkunft und Verpflegung erfüllt Mindestlohnanspruch nicht
    Ein Münchner Restaurant gewährte seinen Mitarbeitern freie Unterkunft und Verpflegung. Den geldwerten Vorteil rechnete es auf den Mindestlohn an. Der reine Barlohn lag unterhalb des Mindestlohns. Ein Betriebsprüfer der Deutschen Rentenversicherung monierte diese Praxis: Sachbezüge hätten bei der Berechnung des Mindestlohnes außer Betracht zu bleiben. Die Prüfung führte zu einem Bescheid, indem die Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen auf den fehlenden Barlohn-Anteil gefordert wurde. Der Restaurantbetreiber ging dagegen vor Gericht. Das Landessozialgericht Bayern bekräftigte jedoch, dass Sachbezüge bei der Berechnung des Mindestlohnes nicht berücksichtigt werden (LSG Bayern, 28.02.2022 – L 7 BA 1/22 B ER).

Überstunden und Arbeitszeitkonten

Grundsätzlich muss der Mindestlohn wie oben erwähnt am Ende des Monats bezahlt sein, an dem der Lohn fällig wurde. Allerdings räumt das Gesetz eine Ausnahme ein (§2 Abs. 2 MiLoG).

Wenn Mehrstunden auf einem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben werden, hat der Arbeitgeber zwölf Kalendermonate Zeit. Dann muss er für diese Stunden entweder den Mindestlohn (oder mehr) bezahlen, oder sie durch bezahlte Freizeit abgelten. Diese Regelung ist nur relevant, wenn die Mindestlohngrenze im entsprechenden Monat nicht bereits durch den ausgezahlten Grundlohn erreicht wurde.

Führt der Arbeitgeber Zeitkonten, die die gesetzliche Vorgaben für Wertguthabenvereinbarungen erfüllen, ist die Mindestlohn-Verpflichtung für die dort angesparten Arbeitszeiten nicht von Bedeutung.

Arbeitszeiterfassung

In § 17 MiLoG werden Arbeitgeber einer Reihe besonders schwarzarbeitsgefährdeter Branchen dazu verpflichtet, „Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit“ aufzuzeichnen und aufzubewahren.

Diese Vorgabe ist von der Rechtsentwicklung überholt worden: Im Jahr 2022 hat das Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung für alle Arbeitgeber und sämtliche Beschäftigte gilt. Mehr dazu steht im Beitrag „Bundesarbeitsgericht: Arbeitszeiten müssen erfasst werden“.

Allerdings besteht für Betriebe aus den von § 17 MiLoG erfassten Branchen ein besonderes Risiko: In ihrem Fall sind fehlende Arbeitszeitaufzeichnungen ein Verstoß gegen das Mindestlohngesetz und können direkt zu einem Bußgeld führen. Als digitale Lösung zur Arbeitszeiterfassung bietet sich WISO MeinBüro Personal an.

Die Folgen von Mindestlohnverstößen

Die Einhaltung der Mindestlohnvorschriften wird von der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls überprüft. Verstöße gegen die Mindestlohnvorschriften sind Ordnungswidrigkeiten. Wer den Mindestlohn nicht oder zu spät bezahlt, muss mit einem Bußgeld von bis zu 500.000 Euro rechnen. Beim Verstoß gegen Aufzeichnungs- oder Mitwirkungspflichten sind immerhin bis zu 30.000 Euro an Bußgeldern möglich (§ 21 MiLoG).

Daneben werden Arbeitgeber, die wegen Mindestlohnverstößen ein Bußgeld von 2.500 Euro oder mehr erhalten haben, von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen. Ein vorsätzliches Unterschreiten des Mindestlohns ist zudem in aller Regel mit einem Straftatbestand verbunden, dem „Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt“ gemäß § 266a StGB.

 

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