Kein Formel-Chinesisch bei Fernwärmeverträgen
Kein Formel-Chinesisch bei Fernwärmeverträgen
Als Bezieher von Fernwärme haben Sie einen Anspruch darauf, dass Sie Preiserhöhungen nachvollziehen können. Viele Formeln in den Versorgungsverträgen sind aber eher „fachchinesisch“. Dass man sich das nicht bieten lassen muss, bestätigen zwei Urteile des Bundesgerichtshofsvom 06.04.2011 (Aktenzeichen VIII ZR 273/09 und 66/09).
In dem einen Verfahren (Aktenzeichen VIII ZR 273/09) erhöhte das kommunale Versorgungsunternehmen innerhalb eines Jahres viermal seine Preise. Dies wollte eine Wohnungsbaugesellschaft nicht hinnehmen und zahlte auf der Basis des Vorjahres. Nach dem zwischen den Kontrahenten geschlossenen Vertrag sollte der Arbeitspreis nach folgender Formel berechnet werden: WAP = WAP0 + 1,26 x (HEL – 31,24) €/MWh …“ (WAP=aktueller Wärmearbeitspreis; WAP0=ursprünglicher Wärmearbeitspreis; HEL=Preis für leichtes Heizöl, wie er vom Statistischen Bundesamt monatlich veröffentlicht wird). Das Versorgungsunternehmen versuchte, seine Erhöhungen über den Klageweg durchzusetzen. Vor dem Landgericht hatte es Erfolg, in der Berufung und Revision unterlag das Unternehmen.
In dem anderen Streitfall (Aktenzeichen VIII ZR 66/09) zahlte der Fernwärmebezieher die vom Versorgungsunternehmen geforderten Abschläge. Er weigerte sich jedoch, die noch offenen Forderungen nach der Endabrechnung zu zahlen, bei denen das Versorgungsunternehmen die aktuellen Preisblätter zugrunde legte. Hier wurden die Preise nach folgender Formel berechnet (Auszug): HEL L „AP = AP0 x (0,5 x—–+ 0,2 x —- + 0,3 x fEG)“ ; HEL0 L0 (HEL=Preis für leichtes Heizöl, wie er vom Statistischen Bundesamt monatlich veröffentlicht wird; L= Index für den tariflichen Stundenlohn in der Fernwärmeversorgung; fEG= lt. den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag: jeweiliger Preisänderungsfaktor im Gasbezug des Kundens gegenüber dem Stand zum 01.01.97 – er wird anhand der Bestimmungen in dem Gasbezugsvertrag des Versorgungsunternehmens ermittelt und vom Vorlieferanten (z.Z. BEB Erdgas und Erdöl GmbH) dem Versorgungsunternehmen mitgeteilt. fEG = 1,0000 Basiswert zum Stand 01.01.97). Das klagende Versorgungsunternehmen unterlag vor dem Amtsgericht, hatte aber in der Berufung Erfolg. Aber auch in diesem Fall entschied der BGH im Revisionsverfahren gegen den Lieferanten. Der BGH vertrat in seiner Begründung die Ansicht, dass die Fernwärmebezieher das Recht hätten, die Zahlung zu verweigern, wenn diese Weigerung auf Einwendungen der Kunden gegen die Grundlage der Vertragsbeziehung richteten. Der sogenannten Einwendungsausschluss nach § 30 AVBFernwärmeV (Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme) greife hier nicht. Darüber hinaus stellten die Richter fest, dass Preisanpassungsklauseln nur dann AVBFernwärmeV (§ 24 Abs. 3) entsprächen, nur dann gerecht werden, wenn neben einem Markt- auch ein Kostenelement enthalten in der Formel enthalten sei. Nur so würde sichergestellt, dass neben der Kostenentwicklung auf dem Wärmemarkt auch die dem Versorgungsunternehmen entstehenden Kosten der Erzeugung und der Bereitstellung (etwa Transport, Verteilung) von Fernwärme bei einer Preisanpassung angemessen berücksichtigt würden. Außerdem sah der BGH in den Vertragsklauseln einen Verstoß gegen § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV. Hier wird verlangt, dass Preisanpassungsklauseln transparent sein müssen. Der Kunde muss die Höhe der Preissteigerung problemlos erkennen können. Dieser Anforderung würden die Formeln in den beiden Verträgen nicht gerecht. Im ersten Fall seien die die konkreten Kosten der Erzeugung der Fernwärme durch das Unternehmen geforderte Kostenelement unberücksichtigt geblieben (Verstoß gegen § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV). Die Formel sieht als einzige Variable den Preis für extra leichtes Heizöl („HEL“) vor. Der Energielieferant setzt aber zur Wärmeerzeugung Erdgas ein. Es wurde nicht dargelegt, ob und inwieweit die Entwicklung der Erdgasbezugskosten des Unternehmens an dem von ihr angesetzten oder wenigstens einem ähnlichen „HEL“-Faktor ausgerichtet ist. Im zweiten Fall rügte das Gericht, dass der „fEG“ nicht den Transparenzanforderungen entspricht. Dem Kunden würde nicht offen gelegt, wie sich dieser Faktor berechnet. Der Kunde kann also nicht nachvollziehen kann, welche Kriterien auf seinen Gasbezugspreis Einfluss haben. Foto: (c) Daniel Rennen – www.pixelio.de |
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