Astkürzung und Rückschnitt von Bäumen
Astkürzung und Rückschnitt von Bäumen
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Besteht bei einem alten Baum die Gefahr, dass er durch einen Rückschnitt abstirbt, darf dieser nicht erfolgen. Er muss dann über mehrere Jahre verteilt erfolgen. Äste, die auf ein Nachbargrundstück ragen, müssen allerdings gekürzt werden. Das entschied das Landgericht Koblenz in einem Urteil vom 12.07.2021 (Aktenzeichen 13 S 8/21).
In dem Verfahren stritten zwei Grundstücksnachbarn. Auf dem einen Grundstück befanden sich diverse Bäume in der Nähe der Grenze. Hier stand unter anderem ein großer Walnussbaum. Die Zweige des Baums wuchsen über die Grundstückgrenze. Die Nachbarn trafen deshalb eine Vereinbarung. Danach verpflichtete sich der Baumbesitzer, die überhängenden Äste regelmäßig zu beseitigen. Außerdem sollte der Baum gekürzt werden.
Abmachung nicht eingehalten
Der Eigentümer des Walnussbaums hielt sich jedoch nicht an die Abmachung. Darum verklagte ihn sein Nachbar. Er begründete die Klage mit dem erhöhten Laub- und Nussaufkommen auf seinem Grundstück. Außerdem bemängelte er, dass der Baum seinen Swimmingpool verschatte. Während des Verfahrens schnitt der Baumeigentümer einen Teil der überhängenden Äste zurück. Außerdem schnitt er den Baum zurück. Dem Nachbarn reichten die Maßnahmen jedoch nicht aus. Er bemängelte, dass der erzielte Zustand nicht der Vereinbarung entsprach.
Der Eigentümer des Walnussbaums lehnte weitere Maßnahmen ab. Nach seiner Meinung stand der Baum aufgrund seines Alters unter Bestandsschutz. Herabfallendes Laub und fallende Nüsse seien naturgemäß und ortsüblich. Deshalb müsse dies der Nachbar hinnehmen. Außerdem habe der Baum bereits unter dem jüngsten Rückschnitt gelitten. Bei einem weiteren Schnitt würde der Baum absterben.
Landgericht: Überhängede Äste müssen abgeschnitten werden
In puncto Laub und Nüsse gab das Landgericht dem Kläger recht. Der Baumbesitzer musste alle auf das Nachbargrundstück ragende Äste entfernen. Überwuchs sei grundsätzlich eine Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks. Nur bei einer ganz unerheblichen Beeinträchtigung könne auf den Rückschnitt verzichtet werden (§ 910 BGB und § 1004 BGB)
baumkürzung nur über mehrere Jahre zulässig
Anders sah es beim Thema „Kürzung des Baums“ aus. Hier lehnte das Gericht eine Kürzung auf das vereinbarte Maß ab. Ein Gutachter stellte fest, dass dann der Walnussbaum sehr wahrscheinlich absterben werde. Für seine Entscheidung berief sich das Gericht deshalb auf die Regelung „nach Treu und Glauben“ (§ 242 BGB). Die Richter leiteten hieraus eine Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme ab. Die Kürzungen müssten deshalb so vorgenommen werden, dass der Baum erhalten bleibt. Ein Absterben des Baums stelle eine Beseitigung des Baums dar. Hierauf habe der Kläger aber keinen Anspruch. Für den Baum gelte Bestandsschutz.
Das „nachbarschaftliche Gemeinschaftsverhältnis“ verlangte nach Ansicht der Richter eine Abweichung von der getroffenen Vereinbarung. Dem Baumeigentümer solle das Recht eingeräumt werden, den Rückschnitt nicht sofort komplett durchzuführen. Wie der Sachverständige vorschlug, solle der Rückschnitt in kleineren Abschnitten erfolgen, bis der Baum nach mehreren Jahren die vereinbarte Höhe erreicht habe.
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