Berliner Wärmedämmungsvorschrift bleibt trotz großer Bedenken
Berliner Wärmedämmungsvorschrift bleibt trotz großer Bedenken
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Sind die doch recht rigorosen Wärmedämmungsvorschriften in Berlin noch verfassungsgemäß? Diese Frage wollte der Bundesgerichtshof (BGH) nicht abschließend beantworten. Sie halten es aber für möglich, dass die Vorschrift durch den Nutzen für den Klimaschutz gerechtfertigt ist. Darum wird die Frage auch nicht dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Zumindest nicht von BGH. Es ist offen, ob von der Vorschrift Betroffene einer Verfassungsbeschwerde einreichen. Wie dieses Verfahren dann enden würde, kann nicht vorausgesagt werden.
Dämmung an einem 100 Jahre alten Haus
In dem Verfahren, das zur Bewertung der Wärmedämmungsvorschrift führte, ging es um ein über 100 Jahre altes Mehrfamilienhaus, das gedämmt werden sollte. Der Giebel des Hauses, das direkt an der Grenze stand, überragte das Nachbargrundstück bereits um einige Meter. Der Besitzer des Nachbargrundstücks wehrte sich nun dagegen, dass an dem Gebäude eine Dämmschicht mit einer maximalen Stärke von 16 cm aufgetragen werden sollte. Aufgrund der Wärmedämmungsvorschrift des Landes Berlin entschied der Bundesgerichtshof, dass der Nachbar die Dämmung dulden muss. In der Begründung stellten die Richter klar, dass sie die Wärmedämmungsvorschrift durchaus kritisch sehen. (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23.06.2022 – Aktenzeichen V ZR 23/21)
Wenn die Dämmung die grenze überschreitet
In der Vorschrift, die Teil des Berliner Nachbarrechtsgesetzes ist, geht es um die Sanierung von Altbauten, die ohne Abstand bis zur Grenze reichen. Soll hier eine Dämmschicht von außen angebracht werden, ist es unvermeidlich, dass dabei die Grenze überschritten wird. Stimmt der Nachbar der Grenzüberschreitung zu, ist das alles kein Problem. Verweigert er die Zustimmung, wird es schwierig.
unterschiedliche Länder-regelungen
Die meisten Bundesländer haben deshalb Regelungen getroffen, wonach das Nachbargrundstück um eine bestimmte Breite bei einer Außendämmung überschritten werden darf. Häufig wird auch vorgeschrieben, dass zunächst geprüft werden muss, ob eine Innendämmung machbar ist. Außerdem legen die Länder oft fest, dass die Außendämmung das Nachbargrundstück nur geringfügig oder auch nicht beeinträchtigen darf.
berlin kennt so gut wie keine ausnahmen
Auf solche Bedingungen für eine Außendämmung hat man in Berlin verzichtet. Im Nachbarrechtsgesetz heißt es lapidar „Der Eigentümer eines Grundstücks hat die Überbauung seines Grundstücks für Zwecke der Wärmedämmung zu dulden, wenn das zu dämmende Gebäude auf dem Nachbargrundstück bereits besteht.“ Der betroffene Nachbar kann lediglich eine Geldrente verlangen. Eine Entfernung der Dämmung ist nur denkbar, wenn der Nachbar selbst anbauen will.
bgh sieht berliner regelung kritisch
Diese Regelung wurde von den Richtern des BGH nicht für gut gehalten. So bemängelten sie, dass durch Dämmungen Durchgänge so schmal werden könnten, dass hier keine Müllgefäße, Kinderwagen oder Fahrräder hindurchkämen.
vorbehalte reichen nicht zur vorlage beim bundesverfassungsgericht
Allerdings sah der Bundesgerichtshof aber im Klimaschutz ein wichtiges Ziel mit Verfassungsrang. Es ist im Sinne der Allgemeinheit, dass möglichst viele Gebäude rasch gedämmt werden. Aus dieser Sicht könnte die Berliner Regelung noch als verhältnismäßig angesehen werden. Die Skepsis des BGH reicht aber nicht für eine Vorlage beim Bundesverfassungsgericht aus. Diesen Schritt kann der BGH nur gehen, wenn er davon überzeugt ist, dass eine Norm verfassungswidrig ist.
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