8. April 2024 von Hartmut Fischer
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Beschlüsse der WEG während Coronazeiten

Beschlüsse der WEG während Coronazeiten

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8. April 2024 / Hartmut Fischer

Der Bundesgerichtshof hat am 08.03.2024 entschieden, dass während der Corona-Pandemie gefasste Beschlüsse einer Wohneigentümergemeinschaft nicht grundsätzlich nichtig sind, weil die Wohnungseigentümer an der Eigentümerversammlung nur durch Erteilung einer Vollmacht an den Verwalter teilnehmen konnten. Die Frage, ob sich allein daraus ein Beschlussanfechtungsgrund ergibt, blieb offen. (Aktenzeichen V ZR 80/23).

Fünf von 24 erteilen Vollmacht für Beschlüsse

In dem Verfahren ging es um die Klage der Mitglieder einer Wohneigentümergemeinschaft gegen die Beschlüsse einer Vertreterversammlung während der Corona-Pandemie. Die Verwalterin hatte hierzu eingeladen. In der Einladung forderte sie unter Verwendung beigefügter Formulare eine Vollmacht und Weisungen für die Stimmabgabe und Beschluss-Fassung zu erteilen. Allerdings erteilten nur fünf von 24 Wohnungseigentümern diese Vollmacht. Die Verwalterin führte die Versammlung allein durch und verschickte danach ein Protokoll der gefassten Beschlüsse, die aufgrund der erteilten Vollmachten und Weisungen gefasst wurden.

Mängelklage gegen die Beschlüsse

Die hiergegen gerichtete Beschlussmängelklage wurde vom Amtsgericht wegen Fristversäumnis abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Landgericht die Beschlüsse für nichtig erklärt. Dagegen wendet sich die Verwalterin mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Der BGH stellte fest, dass die Beschlüsse zulässig sind. Hierzu führte das Gericht aus:

BGH: Auch Ein-Personen-Versammlung kann Beschlüsse fassen

Eine Eigentümerversammlung setzt grundsätzlich eine physische Teilnahme der Wohnungseigentümer voraus. Eine rein virtuelle Eigentümerversammlung sieht das Wohnungseigentumsgesetz nicht vor. Eine sogenannte Vertreterversammlung, in der – wie hier – nur eine Person anwesend ist, die neben der Versammlungsleitung die Vertretung der abwesenden Eigentümer übernommen hat, ist zwar auch eine Versammlung, in der Beschlüsse gefasst werden können. Sie ist aber nur dann zulässig, wenn sämtliche Wohnungseigentümer in ein solches Vorgehen eingewilligt und den Verwalter zu der Teilnahme und Stimmabgabe bevollmächtigt haben. Da nicht alle Wohnungseigentümer dem Verfahren zustimmten, waren die Voraussetzung nicht erfüllt.

Dass die Durchführung einer Eigentümerversammlung wegen der Corona-Pandemie aufgrund infektionsschutzrechtlicher Bestimmungen verboten war, änderte nichts an den wohnungseigentumsrechtlichen Vorgaben für die Abhaltung einer Eigentümerversammlung.

Der Gesetzgeber hat lediglich angeordnet, dass der zuletzt bestellte Verwalter bis zu seiner Abberufung oder Bestellung eines neuen Verwalters im Amt bleibt und der zuletzt beschlossene Wirtschaftsplan bis zum Beschluss eines neuen Wirtschaftsplans gültig bleibt. Für die Durchführung von Eigentümerversammlungen hat er dagegen keine von §§ 23, 24 WEG abweichenden Regelungen getroffen.

Trotz Versammlungsmängel können beschlüsse zulkässig sein

Dass die Versammlung nicht rechtmäßig durchgeführt wurde, heißt aber nicht automatisch, dass die Beschlüsse nichtig sind. Beschlüsse sind nach § 23 Abs. 4 WEG nur nichtig, wenn sie gegen eine Rechtsvorschrift verstoßen, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann. Die Nichtigkeit eines Beschlusses könnte sich daraus ergeben, dass er in den Kernbereich des Wohnungseigentums eingreift. Das betrifft aber den Inhalt von Beschlüssen, während es hier um das Zustandekommen der Beschlüsse geht.

Der BGH entschied, dass bei der Beschlussfassung die Teilnahme- und Mitwirkungsrechte der Wohnungseigentümer verzichtbar sind. Die in § 24 WEG enthaltenen Formvorschriften zur Einberufung einer Eigentümerversammlung gehören nicht zu den zwingenden Bestimmungen und Grundsätzen des Wohnungseigentumsgesetzes. Sie können durch Vereinbarungen abgeändert werden. Werden einzelne Wohnungseigentümer nicht zur Versammlung eingeladen, macht die Beschlüsse zwar anfechtbar aber nicht automatisch nichtig.

Beschlüsse während der Pandemie

Während der Corona-Pandemie stand der Verwalter vor dem Problem, entweder das Wohnungseigentumsrecht oder das Infektionsschutzrecht zu missachten. Von der Pflicht nach § 24 Abs. 1 WEG mindestens einmal im Jahr eine Versammlung einzuberufen  waren die Verwalter nicht befreit. Andererseits war die Durchführung einer Eigentümerversammlung über einen weiten Zeitraum infektionsschutzrechtlich ausgeschlossen. Bei Durchführung einer Eigentümersammlung liefen die Verwalter Gefahr, gegen bußgeldbewehrte Corona-Schutzvorschriften zu verstoßen.

In dieser Ausnahmesituation erfolgte die Durchführung einer Vertreterversammlung regelmäßig aus Praktikabilitätserwägungen. Es lag auch im Interesse der Wohnungseigentümer, dass der Verwalter nicht, wie es teilweise gehandhabt wurde, unter Missachtung des Wohnungseigentumsrechts während der Corona-Pandemie gar keine Versammlung abhielt. Durch eine Vertreterversammlung wurde jedenfalls die Fassung von Beschlüssen ermöglicht, die der gerichtlichen Kontrolle zugeführt werden konnten. Die Eigentümer konnten sich bei der Stimmabgabe durch den Verwalter vertreten lassen und diesem jeweils konkrete Weisungen erteilen, wie er in der Versammlung abstimmen sollte.

anfechtbarkeit der beschlüsse bleibt offen

Die Frage, ob sich aus der Tatsache, dass die Wohnungseigentümer nur durch Erteilung einer Vollmacht an den Verwalter teilnehmen konnten, ein Beschlussanfechtungsgrund ergibt, musste wegen der versäumten Anfechtungsfrist nicht geklärt werden.


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