Denkmalschutz oder erneuerbare Energien
Denkmalschutz oder erneuerbare Energien
© Viktoriia Skachkov / Vecteezy
Steht ein Gebäude unter Denkmalschutz, bedeutet dies grundsätzlich nicht, dass hier keine Solaranlage angebracht werden darf. Das ergibt sich beispielsweise aus zwei Grundsatzurteilen des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Aktenzeichen 10 A 2281/23 und 1477/23). In den Urteilen stellte das Gericht generell fest, dass das öffentliche Interesse am Ausbau erneuerbarer Energien vor dem Denkmalschutz rangiert.
Zweimal Denkmalschutz – unterschiedliche Entscheidungen
In einem Verfahren (Aktenzeichen 10 A 2281/23) ging es um ein Gebäude, das in einem Gebiet stand, für das eine Denkmalbereichssatzung galt. Hier lehnte es die Kommune ab, die erforderliche Denkmalschutz-Erlaubnis für eine Solaranlage zu erteilen. Unter anderem wies man darauf hin, dass die Anlage teilweise von der Straße her einsehbar sei. Hier entschied bereits das Verwaltungsgericht Düsseldorf, dass die Genehmigung zu erteilen sei.
In dem anderen Rechtsstreit (Aktenzeichen 10 A 1477/23) ging es um eine ehemalige Schule, die inzwischen zu einem Wohngebäude umgestaltet wurde. Das Gebäude wurde in der Denkmalliste der Kommune als Baudenkmal geführt. Die zuständige Behörde lehnte die Montage einer Solaranlage aus Denkmalschutz-Gründen ab. Die Anlage befände sich auf einer weithin sichtbaren Dachfläche. Dieser Ablehnung stimmte das Verwaltungsgericht Arnsberg zu.
Oberverwaltungsgericht: Denkmalschutz ist nachrangig
In beiden Fällen wurden Denkmalschonende Solarmodule ausgewählt. Das Oberverwaltungsgericht stellte nun fest, dass in beiden Fällen die Genehmigung für die Errichtung einer Solaranlage erteilt werden muss.
Erneuerbare-Energien-Gesetz kommt vor dem Denkmalschutz
In seiner Begründung stellte das Oberverwaltungsgericht klar, dass aufgrund der Mitte 2022 in Kraft getretenen Regelung im Erneuerbare-Energien-Gesetz in beiden Fällen das öffentliche Interesse am Ausbau der erneuerbaren Energien gegenüber den Belangen des Denkmalschutzes überwiegt. Dies ergibt sich aus dem Ziel des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, in der Bundesrepublik eine nahezu treibhausneutrale Stromerzeugung zu etablieren. Diese Regelung, für die der Bund die Gesetzgebungskompetenz hat, beeinflusst auch das von den jeweiligen Bundesländern festgelegte Denkmalschutzrecht.
Denkmalschutz muss individuell geprüft werden
Auch weiterhin muss in jedem Fall individuell abgewogen werden, wie weit den denkmalschutzrechtlichen Belangen Rechnung getragen werden muss. Dabei ist aber den Aspekten bezüglich des Ausbaus der erneuerbaren Energien Vorrang einzuräumen. Nur wenn besondere Umstände des Denkmalschutzes der Errichtung von Solaranlagen entgegenstehen, darf die Erteilung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis ausnahmsweise versagt werden. Bei der Prüfung, ob solche besonderen Umstände vorliegen, kommt es auf die Gründe an, aus denen die denkmalrechtliche Unterschutzstellung erfolgt ist.
Denkmalschutz bezüglich des äußeren Erscheinungsbildes
In dem einen Fall (Aktenzeichen 10 A 2281/23) diente die Denkmalbereichssatzung dazu, das äußere Erscheinungsbild des Gebiets zu erhalten. Da hier die Anlage auf der von der Straße abgewandten Seite montiert werden sollte, sei der optische Eingriff nicht so schwerwiegend, dass die Genehmigung verweigert werden könne. Die Solarpaneele wurden außerdem in die bestehende Dachstruktur eingefügt und farblich angepasst. Die Paneele sind darüber hinaus auch nur am Rande, in zweiter Reihe und nur in Teilausschnitten wahrnehmbar. Zudem liegt die betroffene Dachfläche auch nicht in einer der von der Satzung geschützten Sichtachsen und beeinträchtigt die Silhouette der Siedlung nicht.
Gründe für Denkmalschutz überwiegen nur im Ausnahmefall
Bei der ehemaligen Schule werden die Denkmalwert-begründenden Eigenschaften des Gebäudes durch die Solaranlage nicht beeinträchtigt. Für die Eintragung als Baudenkmal hat zwar der vorhandene Dachreiter, nicht aber die Dachfläche und ihre Gestaltung eine Rolle gespielt. In das geschützte Erscheinungsbild des Baukörpers als Kapellenschule wird durch die Solaranlage nicht eingegriffen. Ein Ausnahmefall, in dem der Denkmalschutz überwiegt, wäre bei dem konkreten Vorhaben selbst dann nicht gegeben, wenn die Schieferdachfläche als auch Denkmalwert-begründend angesehen würde.
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