16. September 2010 von Hartmut Fischer
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Dieser Entwurf kann Sie ruinieren

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16. September 2010 / Hartmut Fischer

Immobilienbesitzer sind zu Recht in heller Aufregung: Das Energiekonzept der Bundesregierung kann so manchen Hausbesitzer in den Ruin treiben. Leider wird die Diskussion über dieses Problem teilweise unsachlich und teilweise ohne Kenntnis der Fakten geführt. Wir haben uns darum entschlossen an dieser Stelle den kompletten Text aus dem Entwurf zu zitieren. Es handelt sich dabei um den Abschnitt E mit dem Titel „Energetische Gebäudesanierung und energieeffizientes Bauen“. 

Auf  den  Gebäudebereich  entfallen  rund  40%  des  deutschen  Endenergieverbrauchs  und etwa ein Drittel der CO 2 -Emissionen. Gleichzeitig sind die Potentiale zur Energie- und CO 2 – Einsparung   gewaltig.   Drei   Viertel   des   Altbaubestandes   wurde   noch   vor   der   1. Wärmeschutzverordnung  1979  errichtet.  Diese  Gebäude  sind  oft  gar  nicht  oder  kaum  energetisch saniert. Die überwiegende Mehrheit der Heizungssysteme entspricht nicht dem Stand    der    Technik.    Die Szenarien    belegen,    die    energetische    Sanierung    des Gebäudebestands ist der zentrale Schlüssel zur Modernisierung der Energieversorgung und zum Erreichen der Klimaschutzziele. 

Unser  zentrales  Ziel  ist  es  deshalb,  den  Wärmebedarf  des  Gebäudebestandes  langfristig mit dem Ziel zu senken, bis 2050 nahezu einen klimaneutralen Gebäudebestand zu haben. Dafür ist die Verdopplung der  energetischen Sanierungsrate von jährlich etwa 1% auf 2% erforderlich. Bis 2020 wollen wir eine Reduzierung des Wärmebedarfs um 20 % erreichen und streben  bis  2050 eine  Minderung in der Größenordnung von 80 % an. Dabei soll der Anteil der erneuerbaren Energien am Wärmebedarf deutlich erhöht werden. 

Die  energetische  Sanierung  des  Gebäudebestands  ist  die  wichtigste  Maßnahme,  um  den Verbrauch  an  fossilen  Energieträgern  nachhaltig  zu  mindern  und  die  Abhängigkeit  von Energieimporten  zu  reduzieren.  Dies  ist  nicht  zum  Nulltarif  zu  haben,  sondern  erfordert erhebliche  Investitionen,  die  aber  langfristig  auch  zu  einer  Kostenersparnis  führen.  Die Umsetzung   dieser   Strategie   erfordert   Zeit   und   Geld.   Deshalb   ist   ein   langfristiger Sanierungsfahrplan  erforderlich,  der  den  Akteuren  sowohl  den  Orientierungsrahmen  für Investitionen gibt, wie auch die notwendige Flexibilität belässt.

Die  bisherigen  Instrumente  werden  nicht  ausreichen,  um  diese  Ziele  umzusetzen:  Die Energieeinsparverordnung   (EnEV)   definiert   Anforderungen   an   Neubauten   und   bei Sanierungen  im  Bestand.  Das  Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz  (EEWärmeG)  zielt ebenfalls  auf  Neubauten.  Diese  Instrumente  müssen  weiterentwickelt  werden,  um  die Sanierungsziele zu erreichen.

Allerdings  zeigen  bisherige  Erfahrungen  auch,  dass  der  Anwendung  des  Ordnungsrechts  insbesondere im Bestand mit Hinblick auf die wirtschaftlichen Belastungen der Eigentümer Grenzen  gesetzt  sind.  Mit  einem  „weiter  so“  im  bisherigen  Instrumentenmix  kommen  wir nicht  voran.  Um  die  technisch-wirtschaftlichen  Möglichkeiten der  energetischen Sanierung des Gebäudebestands zu nutzen, ist ein neuer strategischer Ansatz notwendig.  In Zukunft kommt  es  darauf  an,  dass  im  Interesse  der  Eigentümer  der  geforderte  Sanierungsbedarf  langfristig definiert wird, damit er diesen bei seinen Plänen für Investitionen berücksichtigen kann.  Vor  diesem  Hintergrund  wird  die  Bundesregierung  eine  Konzeption  für  einen langfristigen Sanierungsfahrplan entwickeln. 

Klimaneutraler Gebäudebestand bis 2050 

 Kernelemente einer solchen „Modernisierungsoffensive für Gebäude“ sind:  Mit  der  Novelle der  EnEV  2012  wird der  Standard „Nullemission“  bis  2050 für  alle Gebäude auf der Basis von Kennwerten für den Primärenergieverbrauch eingeführt. Der  Sanierungsfahrplan  beginnt  2020  und  führt  bis  2050  stufenweise  auf  das Zielniveau.

Der Standard für 2020 wird vergleichsweise moderat gewählt, so dass zunächst nur die  energetisch  schlechtesten  Gebäude  betroffen  sind,  die  in  der  Regel  auch bauphysikalisch  saniert  werden müssen.  Bei  der  Sanierung  haben  die Eigentümer die  Wahl  zwischen  Maßnahmen  an  der  Gebäudehülle,  der  Verbesserung  der Anlagentechnik  oder  dem  Einsatz  erneuerbarer  Energien.  Sie  können  auch  selbst entscheiden,  in  welcher  zeitlichen  Reihenfolge  Einzelmaßnahmen  durchgeführt werden oder ob einmalig vollständig saniert wird.

Sofern der Eigentümer die Zielwerte vorzeitig erfüllt oder übererfüllt, erhält er dafür eine  staatliche  Förderung.  In  diesem  Sinne  werden  beispielsweise  das  bewährte CO 2  – Gebäudesanierungsprogramm  deutlich  besser  ausgestattet  und  steuerliche Anreize für die Förderung der Sanierung neu eingeführt. 

Entsprechend  dem  Über-  und  Unterschreiten  der  auf  der  Zeitschiene  festgelegten Effizienzstandards  wird  ein  steuerlicher   Bonus  oder  Malus  für  die   Gebäude eingeführt. 

Schwerpunkt bei Fördermaßnahmen

Die Bundesregierung wird die energetische Modernisierung des Wohnungsbestands durch eine verbesserte und kontinuierliche Förderung beschleunigen. Das bewährte CO 2 -Gebäudesanierungsprogramm wird deutlich besser ausgestattet. 

Für  die  Weiterentwicklung  der  erneuerbaren  Energien  im  Gebäudebestand  wird weiterhin  das  Marktanreizprogramm  zur  Förderung  des  Einsatzes  erneuerbarer Energien  auf  hohem  Niveau  mit  zusätzlichen  Mitteln  von  200  Mio.  €  pro  Jahr fortgeführt. 

Steuerliche   Anreize   für   die   Sanierung   im   Gebäudebestand   waren   in   der Vergangenheit   besonders   wirksam.   Die   Bundesregierung   wird   deshalb   die Wiedereinführung  einer  Sonderabschreibung  nach  dem  Muster  des  alten  § 82a Einkommensteuer-Durchführungsverordnung prüfen. 

Darüber   hinaus   wird   die   Bundesregierung   ein   kommunales   Förderprogramm „Energetische  Städtebausanierung“  bei  der  Kreditanstalt  für  Wiederaufbau  (KfW) auflegen.   Ziel   dieses   Programms   ist   es,   umfassende   und   lokal   angepasste Investitionen  in  Energieeffizienz  und  erneuerbare  Energien  auf  unbürokratischer Weise  auf  kommunaler  Ebene  anzustoßen  und  damit  vielfältige  Synergieeffekte  zu nutzen.

Mit dem Ziel, verstärkt Energieeffizienzpotentiale im Gebäudebereich zu heben, wird die  Bundesregierung  das  Mietrecht  ausgewogen  novellieren  und  für  energetische Sanierungen  investitionsfreundlicher  gestalten.  Um  Fehlanreize  zu  vermeiden,  ist dabei auch die Vergleichsmietenregelung zu überprüfen. 

Die Möglichkeiten des Energie-Contracting werden erweitert, damit vor allem auch im Mietwohnungsbereich   bestehende   Einsparpotentiale   effizient   realisiert   werden können.   Die   Bundesregierung   wird   deshalb   einen   einheitlichen   Rahmen   für Wärmeliefer-Contracting schaffen.

Die   Bundesregierung   wird   prüfen,   ob   in   dem   EE-WärmeG   die   bestehenden Anforderungen an die Nutzung erneuerbarer Energieträger  stärker technologieoffen gestaltet    werden.    Dabei    ist    gleichzeitig    ein    effizienter    Energieeinsatz    zu gewährleisten.  Die  Energiesteuern  im  Wärmemarkt  werden  stärker  nach  den  CO 2 -Emissionen  der fossilen  Energieträger ausgerichtet. 

Vor dem Hintergrund der steigenden Anforderungen an den energetischen Standard von  Gebäuden  wird  die  Bundesregierung  die  Wirtschaft  auffordern,  sich  zu  einer verbesserten und regelmäßigen Fortbildung von Handwerkern zu verpflichten und  –  wo notwendig – die Ausbildungsordnungen anzupassen. 

Die  Bundesregierung  wird  für  ihre  künftigen  Neubauten  und  bei  bestehenden Liegenschaften  eine  Vorbildfunktion  bei  der  Reduzierung  des  Energieverbrauchs einnehmen.

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