18. November 2020 von Hartmut Fischer
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Gewerbemietrecht: Mietminderung wegen Baulärm und -erschütterungen

Gewerbemietrecht: Mietminderung wegen Baulärm und -erschütterungen

18. November 2020 / Hartmut Fischer

Hat ein Mieter Gewerberäume zum Betrieb eines Massagestudios angemeldet, kann er die Miete mindern, wenn durch Baulärm und -erschütterungen der Betrieb des Studios erheblich gestört wird. Inwieweit der Vermieter Schadenersatzansprüche gegenüber dem Bauherrn geltend machen kann, spiele dabei keine Rolle. Zu diesem Ergebnis kam das Kammergericht Berlin in einem Urteil vom 17.09.2020 (Aktenzeichen 8 U 1006/20).

In dem Verfahren stritten Vermieter und Mieter über eine Mietminderung. Der Mieter hatte die Gewerberäume angemietet und dort ein Massagestudio eingerichtet. Als in der Nachbarschaft des Massagestudios gebaut wurde, kürzte er die Miete um 20 % und begründete dies mit dem Baulärm und den Erschütterungen, die von der Baustelle ausgingen. Die Baustelle befand sich direkt neben dem Studio. Dort wurde zunächst ein Gebäude abgerissen, um danach ein neues zu errichten.

Der Vermieter wollte die Mietminderung nicht akzeptieren. Der Streit landete vor dem Kammergericht Berlin, das sich auf die Seite des Mieters stellte. Dieser sei aufgrund von § 536 Abs. 1 BGB berechtigt die Miete zu mindern.

§ 536 BGB Mietminderung bei Sach- und Rechtsmängeln
(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.
(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.
(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.
(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.
(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.

Das Gericht stellte fest, dass der vertragsgemäße Gebrauch der angemieteten Räume durch den Baulärm erheblich beeinträchtigt werde. Auch die Höhe der Mietminderung von 20 % hielten die Richter für gerechtfertigt. Bei Massagebehandlungen spiele der Entspannungseffekt eine wichtige Rolle. Dieser sei aber durch den Lärm der Baustelle gestört beziehungsweise nicht mehr gegeben.

Ob dem Vermieter nach § 906 BGB ein Entschädigungsanspruch gegenüber dem Bauherrn zustehe, ließ das Gericht ungeklärt, da dies für die Entscheidung keine Rolle spiele.

§ 906 BGB Zuführung unwägbarer Stoffe
(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.
(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.
(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

Für unerheblich hielt das Kammergericht, ob dem Vermieter gegen den Bauherren Abwehr- oder Entschädigungsansprüche nach § 906 BGB zustehen.

Das Orignalurteil können Sie hier nachlesen

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