19. Juli 2023 von Hartmut Fischer
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Grüner Wasserstoff für die Heizung?

Grüner Wasserstoff für die Heizung?

© fotoART by Thommy Weiss / pixelio.de

19. Juli 2023 / Hartmut Fischer

Bei der Frage, wie die Heizung der Zukunft betrieben wird, kommt der „grüne Wasserstoff“ immer wieder ins Gespräch. Die Aussicht, dass eine Gasheizung mit relativ geringem Aufwand und überschaubaren Kosten umgerüstet werden kann, macht diese Energieform für viele Immobilieneigentümer zunächst interessant. Vor zu viel Euphorie warnt jedoch das vom Umweltministerium Baden-Württemberg geförderte Informationsprogramm „Zukunft Altbau“.

H₂-Ready-Heizungen

Wasserstoff soll künftig auch zur Beheizung von Gebäuden eingesetzt werden können. Nach den Plänen der Bundesregierung wird ab dem kommenden Jahr die Installation neuer Gasheizungen zumindest eingeschränkt. Ausnahmen sind jedoch für Anlagen geplant, die mit klimaneutralem Wasserstoff oder Biomethan betrieben werden können. Im Fall von Wasserstoff spricht man von sogenannten H₂-Ready-Heizungen, die ein gewisses Maß an Wasserstoff vertragen und später auf 100 Prozent Wasserstoff umgerüstet werden können.

Grüner Wasserstoff kaum verfügbar

Damit fängt das Problem auch schon an: Grünen Wasserstoff gibt es aktuell praktisch nicht. Künftig wird vor allem die Industrie enorme Mengen davon verbrauchen, um klimaneutral zu werden. „Für den Gebäudesektor werden voraussichtlich keine relevanten Mengen zur Verfügung stehen“, sagt Dr. Martin Pehnt vom Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu). „Und diese werden relativ teuer sein.“ Hinzu kommen die Kosten für die Umrüstung der H₂-Ready-Heizungen für die Verbrennung von reinem Wasserstoff. Aktuell ist dies in der Breite noch gar nicht möglich, entsprechende Geräte werden derzeit entwickelt. Der Brennstoff Biomethan als zusätzliche Alternative zum Wasserstoff wird nach Meinung von „Zukunft Altbau“ ebenfalls knapp sein, kaum Ausbaupotenziale bieten und daher nicht in der erforderlichen Breite zur Verfügung stehen.

Umrüstung der Gasnetze erforderlich

Die Gasnetze in Deutschland müssen zudem auf Wasserstoff umgerüstet werden. Technisch ist dies möglich. Man könnte neben den Heizungen auch das gesamte Erdgasnetz wasserstofftauglich machen. Die logistische Herausforderung und die Kosten sind jedoch immens: Wenn an einem bestimmten Tag von Erdgas auf Wasserstoff oder zuerst auf eine Mischung umgestellt wird, müssen alle Leitungen und alle angeschlossenen Haushalte mit ihren Geräten bereit sein, Wasserstoff zu transportieren und zu nutzen. Daher gehen Experten davon aus, dass die Umstellung der für die Haushalte relevanten Verteilnetze kaum umsetzbar sein wird. Lediglich wenige Heizungen, die an Knotenpunkten des künftigen Wasserstoffnetzes liegen, könnten darüber versorgt werden .

Preise für Erdgas steigen

Bis dies so weit ist, sind die Eigentümerinnen und Eigentümer auf Erdgas angewiesen. Und dessen Preis steigt: Die Gaspreisbremse läuft Ende April 2024 aus. Danach werden die Kosten nicht mehr so niedrig wie sein vor der Gaskrise. Dass es zu weiteren finanziellen Unterstützungen kommt, ist nicht geplant.

Ab 2024 erhöht sich zudem die deutsche CO₂-Bepreisung. Bei Erdgas steigen die Kosten von 0,65 Cent pro Kilowattstunde auf 0,76 Cent. 2025 werden die Kosten dann bei rund 0,98 Cent pro Kilowattstunde liegen. Danach soll es jährlich teurer werden, um die Klimafolgekosten des Gasverbrauchs preislich schrittweise zumindest etwas mehr abzumildern.

Durch die künftig abnehmenden Nutzerzahlen der Erdgasnetze steigen zudem die Netzkosten für die verbleibenden Verbraucherinnen und Verbraucher. Der Einbau einer Gasheizung oder eine längere Nutzung der alten lohnt sich aufgrund der teuren Betriebskosten in den nächsten Jahrzehnten daher wahrscheinlich nicht mehr.

Für die Heizung zu wenig effizient

Ein weiteres Argument gegen die Nutzung von Wasserstoff in dezentralen Gasbrennwertheizungen ist die mangelnde Effizienz. Der Einsatz von Wasserstoff erfordert ein Vielfaches an grünem Strom im Vergleich zu einer elektrisch angetriebenen Wärmepumpe. „Eine Faustregel besagt: Wärmepumpen machen aus einer Kilowattstunde Strom rund drei Kilowattstunden Wärme, die Wasserstoff-Gasheizung aus zwei Kilowattstunden Strom aufgrund der Umwandlungsverluste nur eine Kilowattstunde Wärme“, so Frank Hettler von „Zukunft Altbau”. Um eine Kilowattstunde Wärme aus Wasserstoff zu erzeugen, müssen also rund sechsmal mehr Windenergie- und Photovoltaikanlagen errichtet werden, als wenn der Strom direkt eine Wärmepumpe antreibt.

Umstieg vorbereiten

Wer ein Haus besitzt, sollte daher nach Möglichkeit die Gasheizung noch wenige Jahre weiternutzen und in der Zwischenzeit das Haus fit für eine Wärmepumpe oder ein Wärmenetz machen. Ist das Haus in einem entsprechenden energetischen Zustand, reichen oft einzelne Dämmmaßnahmen oder sogar nur größere Heizkörper aus.

Anschließend kann die Gasheizung ausgetauscht werden. Alternativ kann man auch schon vor den Sanierungsmaßnahmen eine Wärmepumpe einbauen und sie in Kombination mit der Gasheizung betreiben. Die Wärmepumpe übernimmt die Grundversorgung, an besonders kalten Tagen im Winter springt die Gasheizung an. Nach der Sanierung wird dann die Gasheizung ausgebaut.

Eine weitere kostengünstigere klimafreundliche Alternative sieht „Zukunft Altbau“ in der Kombination einer vorhandenen fossilen Heizung mit Klimageräten, die als Luft-Luft-Wärmepumpen einen relevanten Anteil bei der Beheizung des Gebäudes übernehmen können. Allerdings ist eine Nutzung weniger komfortabel. Die Geräte verursachen Geräusche, die warme Luft wird eventuell nicht optimal verteilt und es entsteht mehr Wartungsaufwand.


Zur Internetseite von „Zukunft Altbau“ 
Wärmepumpen mit Heizkörper?
Was bedeutet die CO2-Abgabe für die Heizkosten?


 

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