Muss der Mieter während der Renovierung die Mietwohnung räumen?
Muss der Mieter während der Renovierung die Mietwohnung räumen?
© Pramote Polyamate / Vecteezy
Bei der Durchführung von Modernisierungsarbeiten muss der Vermieter Rücksicht auf das Alter und den Gesundheitszustand des Mieters nehmen. Der Vermieter kann grundsätzlich nicht verlangen, dass der Mieter die Mietwohnung während der Arbeiten räumt. Das entschied Landgericht Berlin II in einem Urteil vom 22.10.2024 (Aktenzeichen 65 S 139/24).
Mieter zur Duldung der Instandsetzung verurteilt
In dem Verfahren ging es um eine fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigung, die gegen einen 85-jährigen Mieter ausgesprochen wurde. Er wohnte schon seit seiner Geburt in der Mietwohnung.
Der Kündigung war eine Auseinandersetzung mit dem Vermieter vorausgegangen. Sie gipfelte darin, dass der Mieter vom Landgericht Berlin zur Duldung von Modernisierungs- und Instandsetzungsarbeiten an der Mietwohnung verurteilt wurde (Urteil vom 07.09.2021 – Aktenzeichen 63 S 415/19). Gleichzeitig wurde er verpflichtet, den Handwerkern – nach Ankündigung – Zutritt zur Mietwohnung zu gewähren.
Mietwohnung soll während der Arbeiten geräumt werden.
Während der Ausführung der Arbeiten forderte der Vermieter den Mieter auf, die Mietwohnung zu räumen, da sie in dieser Zeit nicht bewohnbar sei. Der Mieter weigerte sich jedoch. Er stand auf dem Standpunkt, dass er lediglich den Handwerkern Zutritt gewähren müsse. Zu einer vorübergehenden Räumung sei er nicht verurteilt worden.
Landgericht: Mietwohnung muss nicht geräumt werden
Das Landgericht Berlin II gab dem Mieter recht. Der Begriff der Duldung umfasst nach Meinung des Gerichts kein aktives Handeln. Ein Mieter muss die Mietwohnung während der Bauarbeiten nicht räumen, wenn dies nur vom Vermieter gefordert wird. Eine Räumung der Mietwohnung komme nur in Ausnahmefällen in Betracht. Das Gericht nannte als Beispiel ein Haus, das so baufällig sei, dass eine Instandsetzung nur möglich wäre, wenn das Haus geräumt werde.
Solche extremen Umstände hat der Vermieter aber weder im Vorfeld noch während des laufenden Verfahrens geltend gemacht. Die Arbeiten wurden außerdem in einem Reihenhaus vorgenommen, bei dem ohne Rücksicht auf andere Wohnungen geplant und gebaut werden konnte. Für die Aufforderung, die Mietwohnung zu räumen, gäbe es keine rechtliche Grundlage.
Vermieter muss das Rücksichtnahmegebot beachten
Der Vermieter sei nach dem Rücksichtnahmegebot (§ 241 Abs. 2 BGB) verpflichtet, bei den Maßnahmen auf den Mieter Rücksicht zu nehmen. Dabei müsse auch Rücksicht auf das Alter und den Gesundheitszustand des Mieters genommen werden. Ein Mieter, der weit über 80 Jahre alt sei, sei besonders schutzbedürftig, was hier zu berücksichtigen sei.
In diesem Zusammenhang verwies das Gericht auch auf § 559d (Pflichtverletzungen bei Ankündigung oder Durchführung einer baulichen Veränderung) nach dem der Gesetzgeber eine Pflichtverletzung des Vermieters vermutet, wenn bauliche Veränderungen so durchgeführt werden, dass sie zu erheblichen, objektiv nicht notwendigen Belastungen des Mieters zu führen. Hier bedürfe es auch keiner Härteeinwand des Mieters (§ 555d BGB).
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