Selbst beachtliche Kündigungsgründe reichen nicht aus
Selbst beachtliche Kündigungsgründe reichen nicht aus
© Robert Kneschke / Shutterstock
Es wird immer schwerer den Eigenbedarf gegen ältere, langjährige Mieter durchzusetzen. Das musste jetzt auch ein Vermieter feststellen, der durchaus Argumente vorweisen konnte, die auch vom Gericht anerkannt wurden. Letztlich aber wurde dann doch wieder zu Gunsten der Mieter entschieden. (Urteil des Amtsgerichts München vom 24.08.2020 – Aktenzeichen 423 C 5615/20
In dem Verfahren ging es um ein Mietverhältnis, das bereits seit September 1977 bestand. Im März 2019 kündigte der Vermieter zum nächstmöglichen Termin und begründete dies mit Eigenbedarf. Die Wohnung wolle er mit seiner Frau beziehen. Er sei im Dezember 2018 überraschend arbeitslos geworden und habe die Suche nach Arbeit auf den Raum München ausgedehnt. Zudem sei er Eigentümer des gesamten Anwesens mit über 15 Wohnungen und Gewerbeeinheiten geworden, die er selbst betreue und verwalte. Hierfür sei die Nähe zu den Objekten erforderlich. Da die Mieter die Kündigung nicht anerkannten, klagte der Vermieter auf Räumung und Herausgabe der Wohnung.
Gründe für den Eigenbedarf
In seiner Klage führte der Vermieter aus, dass er als ärztlicher Gutachter an seinem bisherigen Wohnort keine Arbeit finden könne. In München gebe es eine größere Auswahl an möglichen Arbeitgebern. Für seine Anwesen, zu denen auch die Wohnung der Beklagten gehöre, stünden in den nächsten Jahren auch aufgrund städtischer Auflagen Baumaßnahmen an. Die Wohnung der Beklagten habe einen Kachelofen und sei sehr hell und schön geschnitten, weswegen man sich für diese Wohnung entschieden habe.
In der Verhandlung erklärte der Vermieter außerdem, in dem Haus aufgewachsen zu sein und zuletzt 10 Jahre in München gearbeitet zu haben. Das Pendeln von seinem jetzigen 5-Zimmer-Haus habe ihm aber gesundheitliche Probleme bereitet, so dass man übereinstimmend Ende 2018 seinen Arbeitsvertrag aufgehoben habe. Er habe nun eine Stelle beim selben Arbeitgeber mündlich in Aussicht gestellt bekommen. Offiziell beworben habe er sich aber noch nicht.
Seine Ehefrau erklärte, sich gerne von dem 200 qm Haus auf eine kleinere Drei-Zimmer-Wohnung beschränken zu wollen: der viele Besitz sei letztlich nur Ballast. Das viele Pendeln sei ihrem Mann zu stressig und zu einer Gesundheitsbelastung geworden, er habe teilweise zur Meidung des Berufsverkehrs schon um 5:30 h das Haus verlassen. Es habe auch Disharmonien mit damaligen Kollegen gegeben.
Viele Jahre mit dem Viertel verwurzelt
Die Mieter beriefen sich darauf, sehr mit dem Viertel verbunden zu sein. Man habe sich bereits nach Ersatzwohnraum umgesehen. Mieten von 2.000 Euro könne man sich aber als Rentner nicht leisten.
Arbeitsplatzsuche: Kein Argument fürs Gericht
Die Richterin am Amtsgericht München wies die Klage ab. Sie begründete ihre Entscheidung damit, dass das Argument, der Vermieter benötige die Wohnung wegen der Arbeitsplatzsuche, nicht als vernünftiges Nutzungsinteresse anzusehen sei. Es könne objektiv nicht als vernünftig betrachtet werden, allein für die Suche einer Arbeit, für die nur eine Handvoll Arbeitgeber zur Auswahl stehen, einen Umzug vorzunehmen. Denn im Rahmen der Suche biete dies allein für den kürzeren Weg zu Bewerbungsgesprächen einen Vorteil, der jedoch in keinerlei Verhältnis zum Aufwand eines Umzugs stehe.
Eine größere Nähe zum Arbeitsplatz sei im Kündigungsschreiben nicht als Kündigungsgrund benannt worden, eine solche Arbeitsstelle existiere auch noch nicht.
Verwaltung von Wohneigentum ist ein Argument
Andererseits teilte die Richterin die Auffassung des Mieters, dass der Wunsch, Wohneigentum aus räumlicher Nähe zu verwalten, ein durchaus ein vernünftiges und nachvollziehbares Nutzungsinteresse darstelle. Es sei nachvollziehbar, dass es für den Vermieter angenehmer sei, nicht zweimal wöchentlich zu den verwalteten Objekten in die Stadt zu fahren, vor allem, wenn Baumaßnahmen anstehen, die mehr Termine vor Ort erforderlich machten.
Eigenbedarf letztlich doch abgelehnt
Allerdings konnte sich das Gericht keine volle, für eine entsprechende Verurteilung ausreichende Überzeugung bilden. Dazu hätten sich hinsichtlich der übrigen im Kündigungsschreiben benannten Gründe im Zuge der Verhandlung zu viele Widersprüchlichkeiten und Zweifel ergeben. Nachdem die Berufung des Vermieters zurückgewiesen wurde, ist das Urteil nun rechtskräftig.