6. April 2020 von Hartmut Fischer
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Unkorrekte Widerrufsbelehrung bei Kreditverträgen

Unkorrekte Widerrufsbelehrung bei Kreditverträgen

6. April 2020 / Hartmut Fischer

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 26.03.2020 ein Urteil gefällt, dass es vielen Kreditnehmern ermöglicht, auch schon Jahre laufende Kreditverträge zu kündigen und sich von den Verträgen zu lösen (Aktenzeichen C-66/19).

Der EuGH bemängelte bei diesen Verträgen die Widerrufsklausel, in der eine „Kaskadenverweisung“ zu finden ist. Bei dieser Verweisung wird auf einen § verwiesen, in dem aber weiter auf andere §§ verwiesen wird. Anders als der Bundesgerichtshof (BGH) hielt der EuGH diese Verweisung für unklar und dem Verbraucher nicht zumutbar.

Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil klargestellt, dass in Verbraucherverträgen klar und eindeutig erklärt werden muss, auf welcher Basis die Widerrufszeiten festgelegt werden, in denen ein Kreditnehmer seinen Kreditvertrag widerrufen und sich so vom Vertrag lösen kann.

In der Vergangenheit häufiger, aber auch heute noch findet man in den Kreditverträgen eine sogenannte „Kaskadenverweisung“. Diese besagt, dass der Darlehensnehmer den Vertrag innerhalb von 14 Tagen in Textform kündigen kann. Weiter wird dann festgelegt, dass die Frist mit Abschluss des Vertrages beginnt, allerdings unter der Voraussetzung, dass der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben § 492 Abs. 2 BGB erhalten hat. Diese Belehrung wurde bisher vom Bundesgerichtshof als ausreichend anerkannt.

Nun verweist der § 493 Abs. 2 BGB aber auf Artikel 247 EGBGB (Einführungsgesetz zum BGB) §§ 6 bis 13. Deshalb vertrat der Europäische Gerichtshof hier eine andere Ansicht, als der Bundesgerichtshof. Er entschied, dass solche Kaskadenklauseln nicht ausreichten, um den Verbraucher umfassend zu informieren. Man könne vom Kreditnehmer nicht verlangen, dass er sich mit verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen auseinandersetzen müsse, die sich dazu auch noch in unterschiedlichen Gesetzeswerken nachgelesen werden müssten. Letztlich kam das Gericht zu dem Schluss, dass der Verbraucher nicht erkennen könne, welche vertraglichen Verpflichtungen er eingeht beziehungsweise ob der Vertrag die in der Klausel geforderten Angaben im Vertrag vorhanden sind. Deshalb könne der Verbraucher erkennen, ob beziehungsweise wann seine Wider­rufs­frist begonnen hat.

Enthält Ihr Vertrag diese vom EuGH bemängelte Klausel, hat die Widerrufsfrist noch nicht begonnen. Deshalb kann der Vertrag auch jetzt widerrufen werden – selbst, wenn er schon viele Jahre läuft. Der Widerruf hat dann zur Folge, dass das gesamte Darlehen rückabgewickelt werden muss. Das bedeutet beispielsweise, dass bei Immobiliendarlehen sich der Kreditnehmer aus dem Vertrag lösen kann, ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen. Das ist beispielsweise interessant, wenn die Immobilie verkauft werden soll oder aufgrund der derzeit extrem niedrigen Zinsen eine Umschuldung besonders vorteilhaft wäre. Zu viel gezahlte Zinsen muss Ihnen der Kreditgeber sogar erstatten.


 

Gerade bei älteren Kreditverträgen sollte man von einem Anwalt prüfen lassen, ob der Kreditvertrag aufgrund des Urteils widerrufen werden kann. Dann ist der Weg frei, um einen Vertrag mit günstigeren Konditionen abzuschließen.


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