Vermieter vom Mieter verklagt – kein Kündigungsgrund?
Vermieter vom Mieter verklagt – kein Kündigungsgrund?
Zeigt der Mieter seinen Vermieter an, dürfte das Verhältnis zwischen beiden Parteien nicht mehr das Beste sein. Dennoch ist eine Strafanzeige zunächst kein Grund für eine Kündigung. Nur wenn der Vermieter seine Anzeige leichtfertig erhebt oder gar mit bewusst falschen Angaben begründet, ist der Vermieter berechtigt, zu kündigen. Dies ergibt sich aus einem Urteil des Landgerichts Frankfurt/Oder.
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte ein Mieter den Vermieter über Feuchtigkeitsfälle in der Wohnung informiert. Nach korrekter Anmeldung kam daraufhin der Vermieter mit einem Handwerker. Beide wurden vom Mieter in die Wohnung gelassen. In der Wohnung öffnete der Vermieter jedoch einen Abstellbereich, ohne dass der Mieter dies erlaubt hätte. Daraufhin kam es zum Streit, der darin gipfelte, dass der Mieter die Polizei alarmierte und gegen seinen Vermieter Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch stellte. Außerdem verklagte er den Mieter wegen übler Nachrede. Der Vermieter sollte in dem Wortgefecht den Mieter als Betrüger tituliert haben. Die Vorwürfe wurden vom Vermieter bestritten. Er kündigte das Mietverhältnis und erhob Räumungsklage.
Das zuständige Amtsgericht gab dem Vermieter recht. Eine ordentliche Kündigung sei in jedem Fall möglich, da der Mieter gegen seine mietvertraglichen Treuepflichten verstoßen habe. Die Kündigung sei deshalb nach § 573 zulässig. Dieser lautet:
Rechtliches
(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen.
(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn
- 1.der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat
- 2.der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt oder
- 3.der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt außer Betracht; der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will.
(3) Die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters sind in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Andere Gründe werden nur berücksichtigt, soweit sie nachträglich entstanden sind.
(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
Der Mieter wollte das Urteil nicht akzeptieren. Er legte Berufung beim Landgericht Frankfurt/Oder ein.
Dort erhielt der Mieter recht. Die Richter sahen keinen Grund für eine ordentliche oder gar außerordentliche Kündigung. Sie sahen in der Anzeige keinen „wichtigen Grund“ nach § 543 BGB. Auch sahen sie im Verhalten des Mieters keine erhebliche, schuldhafte Vertragsverletzungen nach § 573 BGB.
Das Anzeigen von Straftaten konnte nach Meinung der Richter nicht als schuldhafte Vertragsverletzung ausgelegt werden und stelle auch kein verwerfliches Verhalten dar. Jeder Bürger hat das Recht, Straftaten zur Anzeige zu bringen. Nur wenn der Mieter vorsätzlich falsche Angaben macht oder leichtfertig handelt, könne eine Kündigung infrage kommen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Mieter um einen Laien handele, der den Tatbestand des Hausfriedensbruchs nicht wie ein Jurist bewerte.
Urteil des Landgerichts Frankfurt / Oder vom 15.04.2013 – Aktenzeichen: 16 S 230/12