Verwertungskündigung – wann ist sie möglich?
Verwertungskündigung – wann ist sie möglich?
© Muhammad ali / Vecteezy
Eine ordentliche Kündigung ist schwierig – insbesondere, wenn es um eine sogenannte Verwertungskündigung geht. Hierbei muss der Vermieter nachweisen, dass er durch die Vermietung an der ordnungsgemäßen wirtschaftlichen Verwertung seiner Immobilie gehindert wird. Als Grenze, ab, der von einer nicht mehr wirtschaftlich-ordnungsgemäßen Verwertung gesprochen werden kann und damit eine Verwertungskündigung denkbar ist legte das Amtsgericht Dachau eine Mindereinnahme 20 % fest (Urteil vom 10.05.2024 – Aktenzeichen 4 C 240/22)
Verwertungskündigung vom Vermieter-Anwalt ausgesprochen
In dem Verfahren ging es um eine ordentliche Kündigung, die der Hauseigentümer seinem Mieter gegenüber durch seinen Anwalt aussprechen ließ. Es handelte sich dabei um eine Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Ziffer 3. Der Hauseigentümer plante, die Immobilie zu verkaufen. Die Verwertungskündigung rechtfertigte er damit, dass die Immobilie im vermieteten Zustand maximal für 1,3 Millionen Euro verkauft werden könnte. Unvermietet rechnete er mit 1,75 Millionen Euro. Dies bedeute für ihn einen zu erwartenden Mindererlös von über 25 %. Die Verwertungskündigung hielt er deshalb für gerechtfertigt.
Hinzu kam, dass für ein mitvermietetes Grundstück eine baurechtliche Genehmigung für ein weiteres Einfamilienhaus vorlag, was den Gewinn um weitere 400.000 Euro erhöht und den Verlust im Vergleich zum Verkauf der unvermieteten Immobilie auf über 48 % ansteigen ließ. Auch dies führte der Immobilieneigentümer in seiner Verwertungskündigung an.
Mieter weigert sich, die Verwertungskündigung zu akzeptieren
Der Mieter ließ die Räumungsfrist der Räumungskündigung verstreichen, zog aber nicht aus. Darum reichte der Vermieter Räumungsklage beim Amtsgericht Dachau ein. Während des Räumungsverfahrens verlangte der Vermieter die Hinzuziehung eines Gutachters. Der Sachverständige ermittelte für die Immobilie ohne weitere Bebauung einen Verkehrswert von 1.614.000 EUR und in vermietetem Zustand 1.182.000 EUR.
Amtsgericht: Verwertungskündigung zulässig
Das Amtsgericht Dachau entschied, dass die Verwertungskündigung zulässig war und der Hauseigentümer Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Immobilie hat. Die Verwertungskündigung hat das Mietverhältnis wirksam beendet.
Voraussetzung einer Verwertungskündigung erfüllt
Die Voraussetzungen des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB waren für das Gericht erfüllt. Entscheidend war jedoch nicht die Einschätzung des Hauseigentümers, sondern das Ergebnis des Sachverständigen-Gutachters. In seiner Begründung unterstrich der Experte, dass die Fortsetzung des Mietverhältnisses zu erheblichen Nachteilen des Vermieters führen würde.
Das Gutachten des Sachverständigen war für das Gericht nachvollziehbar und korrekt. Das rückwärtige Grundstück, für das baurechtliche Genehmigungen vorlagen, wurde zunächst lediglich als Gartenland berücksichtigt, da dies bei einer Vermietung nicht anderweitig genutzt werden konnte.
Wäre die Immobilie mietfrei, müsse das Grundstück jedoch nach dem Verkehrswert im Sachwertverfahren bestimmt werden. Der noch unbebaute, hintere Grundstücksteil werde dann als Bauland eingestuft.
Gericht: Über 20 % Verlust rechtfertigt Verwertungskündigung
Der Gutachter errechnete eine zu erwartende Mindereinnahme von 432.000 EUR, was knapp 27 % ausmache. Von einer erheblichen Einbuße gehe man bei einem Mindererlös von 15 bis 20 % aus. Davon ging auch das Amtsgericht aus. Da die Mindererlösgrenze von 20 % überschritten wurde, entschied das Gericht, dass die Mieter die Wohnung räumen und herausgeben müssen.
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