Wegfall des Grundes bei Eigenbedarfskündigung
Wegfall des Grundes bei Eigenbedarfskündigung
Macht ein Vermieter Eigenbedarf zur Begründung einer Kündigung geltend, muss der Grund hierfür nach Ablauf der Kündigungsfrist noch bestehen. Ist der Grund inzwischen weggefallen und verfolgt der Vermieter die Eigenbedarfskündigung weiter, stellt dies einen Rechtsmissbrauch dar. Zu diesem Ergebnis kommt das Landgericht Berlin in einem Urteil vom 29.01.2019 (Aktenzeichen 67 S 9/18).
In dem Verfahren hatte das Landgericht Berlin über eine zunächst begründete Eigenbedarfskündigung zu entscheiden. Eine Vermieterin kündigte ihrem Mieter, da sie die Wohnung selbst nutzen wollten. Hintergrund hierfür war, dass sie in Berlin Arbeit gefunden hatte und deshalb in die Stadt umziehen wollte. Die Vermieterin sollte als Stuntwoman und als Rettungssanitäterin beschäftigt werden.
Hierzu kam es jedoch nicht, da die Vermieterin einen schweren Arbeitsunfall hatte. Dadurch war es ihr unmöglich die Arbeitsstellen langfristig anzutreten – sie wurde über 20 Monate durchgehend krankgeschrieben. Hinzu kam, dass ihr posttraumatische Belastungsstörungen bescheinigt wurden. Dennoch verfolgte die Vermieterin die Eigenbedarfskündigung weiter. Da die Mieter nicht auszogen, klagte sie vor dem zuständigen Amtsgericht, wo sie Recht bekam. Die Mieter legten jedoch Berufung vor dem Landgericht Berlin ein.
Hier konnten sich die Mieter durchsetzen. Das Landgericht hob die Entscheidung der Vorinstanz auf und stellte fest, dass die Mieter die Wohnung nicht räumen müssten. Die Vermieterin könne die Herausgabe der Wohnung nicht (mehr) verlangen. Der geltend gemachte Eigenbedarfsanspruch habe zwar bestanden, lag aber bei Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr vor. Er habe aufgrund der Folgen des Arbeitsunfalls nicht mehr bestanden. Es stelle deshalb einen Rechtsmissbrauch dar, wenn die Kündigung wegen Eigenbedarfs weiterverfolgt würde.
§ 573 BGB Ordentliche Kündigung des Vermieters
(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen.
(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn
- der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat,
- der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt oder
- der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt außer Betracht; der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will.
(3) Die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters sind in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Andere Gründe werden nur berücksichtigt, soweit sie nachträglich entstanden sind.
(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
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