13. November 2019 von Hartmut Fischer
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Wehe, wenn der Vermieter räumt

Wehe, wenn der Vermieter räumt

13. November 2019 / Hartmut Fischer

Grundsätzlich darf ein Vermieter eine Wohnung nicht räumen. Das bleibt im Normalfall dem Gerichtsvollzieher vorbehalten. Räumt der Vermieter jedoch auf eigene Faust, kann das ernste Folgen haben. Der Mieter kann dann nämlich Schmerzensgeld und Schadensersatz verlangen. Zumindest, wenn der Mieter schon viele Jahre in der Wohnung lebt. Das ergibt sich zumindest aus dem Urteil des Amtsgerichts Berlin-Schöneberg vom 14.08.2019 (Aktenzeichen 6 C 276 /18).

In dem Verfahren ging es um eine Wohnung, die der Vermieter eigenmächtig räumte, während der Mieter aufgrund einer Verletzung zwei Monate im Krankenhaus beziehungsweise einer REHA-Klinik verbrachte. Vorausgegangen war, dass die Feuerwehr den verletzten Mann in seiner Wohnung bergen musste und deshalb die Tür aufbrach.

Mieter kehrt zurück – die Wohnung ist geräumt

Als der Mieter nach dem REHA-Aufenthalt seine Wohnung betreten wollte, waren die Schlösser ausgetauscht und am Klingelschild befand sich ein anderer Name. Durch den Briefschlitz konnte der Mieter sehen, dass die Wohnung renoviert wurde. Auf Rückfrage bei der Hausverwaltung teilte diese mit, dass der Vermieter die Wohnung in der Zwischenzeit räumen ließ und anderweitig vermietet hatte.

Der Vermieter erklärte, er habe die Wohnung während der Abwesenheit des Mieters besichtigen wollen und dabei die Wohnungstür aufgebrochen vorgefunden. Die Wohnung selbst habe auf ihn einen verwahrlosten Eindruck gemacht. Darum sei er davon ausgegangen, dass der Mieter die Wohnung aufgegeben hätte. Er ließ deshalb die Wohnung von einer Firma räumen, der er auch überließ, welche Gegenstände eingelagert werden sollten. Alles andere wurde entsorgt.

Der Mieter klagte gegen den Vermieter und verlangte Schadenersatz für das teilweise beschädigte beziehungsweise entsorgte Mobiliar und für entstandene Hotelkosten. Außerdem verlangte er Schmerzensgeld.

Vermieter muss Schadenersatz leisten

Das Amtsgericht Berlin-Schöneberg gab dem Mieter Recht. Der Vermieter müsse wegen der eigenmächtigen Räumung Schadenersatz leisten. Er habe nicht davon ausgehen können, dass der Mieter die Wohnung aufgegeben hätte. Schließlich habe der Mieter ja weiterhin seine Miete bezahlt. Diese hatte der Vermieter sogar noch angenommen, als er die Wohnung bereits geräumt hatte. Eine aufgebrochene Tür sei noch lange kein Indiz dafür, dass die Wohnung aufgegeben wurde. Vielmehr habe man hier davon ausgehen können, dass sich unbefugte Dritte Zugang zur Wohnung v erschafft hätten. Auch eine verwahrloste Wohnung sei kein Beleg für die Aufgabe der Wohnung – wobei das Gericht nicht prüfte, ob dieser Einwand des Vermieters stimmte.

In der Begründung führte das Gericht weiter aus, dass der Mieter die Wohnung nicht permanent bewohnen müsse. Auch eine längere Abwesenheit, beispielsweise wegen Krankheit oder aus beruflichen Gründen, könnte nicht als Aufgabe der Wohnung ausgelegt werden.

Wenn aber der Vermieter – unrechtmäßig – die Wohnung räume, übernehme er auch die Obhutspflicht über das Inventar in der Wohnung. Der Vermieter hätte deshalb ein komplettes Verzeichnis über die geräumten Gegenstände anfertigen müssen. Außerdem hätte er dafür sorgen müssen, dass die Gegenstände gegen Beschädigungen und Verlust geschützt eingelagert würden.

Mieter hat Anspruch auf Schmerzensgeld

Das Amtsgericht sprach dem Mieter außerdem ein zusätzliches Schmerzensgeld von 5.000 Euro zu. Dies begründete es damit, dass durch die Räumung auch die Persönlichkeitsrechte des Mieters verletzt wurden. Er habe über 30 Jahre in der Wohnung gewohnt und nun seinen langjährigen Lebensmittelpunkt verloren. Hinzu käme, dass der Mieter kurzzeitig obdachlos wurde und so keinen Ort hatte, um seine Krankheit weiter auszukurieren. Außerdem seien Erinnerungsstücke bei der Räumung verschwunden, die einen Teil der Persönlichkeit und Vergangenheit des Mieters ausmachten. Da der Vermieter keine Einsicht zeigte, hielt das Gericht die Höhe des Schmerzensgeldes für angemessen.

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