Wenn das Jobcenter unpünktlich zahlt
Wenn das Jobcenter unpünktlich zahlt
Obwohl den Mieter keine Schuld trifft, wenn das Jobcenter die Miete nicht pünktlich zahlt, kann dies dennoch zu einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs führen. Denn in diesem Fall muss für die Kündigung kein schuldhaftes Verhalten des Mieters vorliegen. Zu diesem Ergebnis kam der Bundesgerichtshof (BGH) in einer Entscheidung vom 29.06.2016 (Aktenzeichen VIII ZR 173/15).
In dem Streitfall ging es um einen Mieter, dessen Miete teilweise vom Jobcenter bezahlt wurde. Das Jobcenter überwies jedoch mehrere mal unpünktlich. Der Mieter hingegen zahlte immer pünktlich. Der Vermieter mahnte den Mieter jedoch wegen der zögerlichen Zahlungsweise des Jobcenters ab und kündigte daraufhin fristlos. Da der Mieter sich keiner Schuld bewusst war, weigerte er sich, die Kündigung zu akzeptieren und klagte auf Räumung der Wohnung.
Der Vermieter konnte sich zunächst vor dem zuständigen Amtsgericht durchsetzen. Das Landgericht vertrat im Berufungsverfahren jedoch die Ansicht, dass keine Kündigung erfolgen dürfe, da die verspäteten Zahlungen des Jobcenters dem Mieter nicht vorgeworfen werden könne. Der Vermieter ging daraufhin in Revision. Der BGH bestätigte letztinstanzlich das Urteil des Amtsgerichts.
Grundsätzlich, so stellten die Richter fest, könne man die verspäteten Zahlungen durch das Jobcenter dem Mieter nicht zurechnen. Das Jobcenter werde nicht als Erfüllungsgehilfe des Mieters tätig. Dennoch könne der Vermieter fristlos kündigen, denn § 543 Abs. 1 BGB verlange nicht zwingend, dass ein Verschulden des Mieters vorliege.
Rechtliches
§ 543 Abs. 1 BGB: Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
Die vom Gesetzgeber geforderte Abwägung aller Umstände des Einzelfalls könne auch ohne Verschulden des Mieters zu dessen Nachteil ausfallen. Das Gericht führte hier als Beispiel an, dass häufige verspätete Zahlungen die sich über einen erheblichen Zeitraum erstreckten und beträchtliche Beträge beträfen zum Nachteil des Mieters gewertet werden könnten. Auch ein eventuell nicht zumutbarer Verwaltungs-Mehraufwand für den Vermieter sei zu berücksichtigen.
Außerdem – so der BGH – könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Mieter doch die verspäteten Zahlungen teilweise mitverschuldet habe. Deshalb müsse dieser belegen, dass er die Leistungen beim Jobcenter rechtzeitig beantragt und alle notwendigen Unterlagen hierfür vorgelegt habe. Außerdem habe der Mieter nachzuweisen, dass er beim Jobcenter darauf gedrungen habe, pünktlich an den Vermieter zu zahlen. Insbesondere über die erfolgte Abmahnung und die drohende Kündigung habe er das Jobcenter unterrichten müssen.