Wer ist verantwortlich für höhere Materialkosten?
Wer ist verantwortlich für höhere Materialkosten?
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Wer derzeit eine Immobilie baut, bekommt so manches graues Haar. Material für den Hausbau ist rar und entsprechend steigen die Kosten und die Fertigstellung verzögert sich. Doch muss man als Bauherr automatisch die Mehrkosten tragen? Und was ist mit den Kosten, die zusätzlich entstehen, weil man selbst einziehen wollte und den Mietvertrag schon gekündigt hat?
Vertrag ist Vertrag
Zunächst gilt der alte lateinische Grundsatz „Pacta sunt servanda“ – Verträge sind einzuhalten. Wenn in den Verträgen – was üblich ist – Festpreise für die einzelnen Leistungen vereinbart wurden, liegt das Risiko der steigenden Materialpreise beim Unternehmer.
Einige Bau-Unternehmer versuchen dennoch, Nachforderungen zu stellen, die sie mit den gestiegenen Materialkosten begründen. Sie können diese Forderungen umgehend ablehnen. Besteht der Unternehmer auf der Nachforderung, schalten Sie einen Rechtsanwalt ein. Doch dieser Weg kann natürlich dazu führen, dass der Unternehmer Ihren Bau dann „stiefmütterlich“ behandelt und der Bau sich noch mehr verzögert. Gründe, warum es nicht vorwärtsgeht, findet er derzeit ja leider mehr als genug.
Einige Experten raten deshalb, auf solche Nachforderungen erst einmal gar nicht zu reagieren. Wenn der Bau abgeschlossen ist und es um die Endabrechnung geht, kann man immer noch verhandeln, wer die entstandenen Mehrkosten übernimmt.
Wie man in diesen Fällen vorgeht, bleibt jedem selbst überlassen. Allerdings sollte man sich vorher in jedem Fall genau informieren, denn es gibt Fälle, in denen der Bauherr doch Mehrkosten akzeptieren muss.
Ausnahmen bestätigen die Regel
Je nachdem, wie die Preise sich entwickeln, könnte es sein, dass der Unternehmer berechtigt ist, Mehrkosten geltend zu machen. Preisanpassungen sind nämlich möglich, wenn es unzumutbar ist, am Vertrag festzuhalten. Ob und ab wann die steigenden Preise zu so einer Unzumutbarkeit führen, muss jedoch noch juristisch geklärt werden.
Möglich ist auch, dass im Vertrag mit der Baufirma eine bestimmte Bauzeit vereinbart wurde. Wenn nichts anderes vereinbart wurde, endet mit diesem Termin auch die Festpreis-Bindung des Unternehmers. Nun kann es zu Verzögerungen kommen, die der Unternehmer nicht zu verantworten hat, beispielsweise weil sich das Baugenehmigungsverfahren in die Länge zieht. Dann kann das Unternehmen nach Ablauf des vereinbarten Termins eventuell Nachforderungen geltend machen.
Übrigens sind sich die meisten Juristen darüber einig, dass fehlendes Material keine höhere Gewalt darstellt, auf die sich der Unternehmer berufen kann.
So weit gehen Ihre Ansprüche
Kommt es wegen des fehlenden Materials zu Verzögerungen beim Hausbau, sitzt der Bauherr immer am längeren Hebel. Die Beschaffung des Materials ist Sache des Unternehmers. Kosten, die dem Bauherrn durch Verzögerungen entstehen, kann er gegenüber dem Unternehmer geltend machen.
Allerdings sollte man hier auch bedenken, dass der Unternehmer in einer schwierigen, wirtschaftlichen Situation ist, in der die zusätzlichen Kosten seinen Ruin bedeuten können. Kommt es dann zur Insolvenz, kann der Schaden für den Bauherrn groß sein. Am besten, man redet erst mal in Ruhe miteinander und versucht eine für beide Seiten akzeptable Lösung zu finden.
Wenn Unternehmen auf Nummer Sicher gehen
Die Preissteigerungen im Materialbereich dürften noch nicht ihren Höhepunkt erreicht haben. Verständlich, dass sich Bau-Unternehmer scheuen, Festpreise zu vereinbaren. Sie versuchen deshalb sogenannte Preisgleitklauseln in die Verträge einzubauen. Das ist dann Sache für einen Fachanwalt, denn in den meisten Fällen sind solche Klauseln nicht zulässig.
Achten Sie aber auch darauf, dass die Preise in einem Angebot unverbindlich sein dürfen. Kommt es zum Abschluss, sollten Sie also genau prüfen, welche Preise für welchen Zeitraum verbindlich zugesagt werden.
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