21. September 2024 von Hartmut Fischer
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Zwergschweine im allgemeinen Wohngebiet?

Zwergschweine im allgemeinen Wohngebiet?

© shimon bar / Vecteezy

21. September 2024 / Hartmut Fischer

Das Halten von Haustieren, wie Hunde oder Katzen, ist grundsätzlich auch in Gebieten erlaubt, die laut Bebauungsplan als allgemeine Wohngebiete ausgewiesen sind. Doch dürfen hier auch Zwergschweine gehalten werden? Mit dieser Frage befasste sich das Verwaltungsgericht Neustadt/Weinstraße am 11.09.2024 (Aktenzeichen 5 K 427/24 NW).

Kreisverwaltung verbietet Zwergschweine

Geklagt hatten die Eigentümer eines Wohngrundstücks in einem – laut Bebauungsplan – allgemeinen Wohngebiet. Die Gärten der Kläger und der Nachbarhäuser waren rückläufig angelegt. In ihrem Garten hielt die klagenden Grundstückseigentümer zwei Mini- oder Zwergschweine. Nachbarn beschwerten sich über die Lärm- und Geruchsbelästigung. Die zuständige Kreisverwaltung verlangte deshalb die Entfernung der Zwergschweine. Ihre Haltung sei in allgemeinen Wohngebieten nicht erlaubt.

Haltung von Zwergschweinen im allgemeinen Wohngebiet?

Hiergegen wehrten sich die Halter der Zwergschweine. Sie wiesen gegenüber der Behörde darauf hin, dass es sich bei den Tieren nicht um Hängebauch-, sondern um Zwergschweine handele, die zu den Kleintieren zählten und in einem Wohngebiet gebietsverträglich wären. Außerdem verwiesen sie auf eine Begutachtung des Geheges durch das zuständige Veterinäramt. Das Amt habe die Sauberkeit des Geheges für die Zwergschweine als beispiellos hervorgehoben. Auch die artgerechte Haltung sei festgestellt worden. Der Widerspruch der Schweinehalter wurde jedoch abgelehnt.

Halter der Zwergschweine klagen gegen kreisverwaltung

Darum klagten Sie vor dem Verwaltungsgericht Neustadt/Weinstraße. Ergänzend zu den Angaben gegenüber der Kreisbehörde wiesen sie noch darauf hin, dass das Halten der Zwergschweine in einem Freigehege im Garten ihres Anwesens bauplanungsrechtlich zulässig sei. Denn die Gemeinde, in der sich das Grundstück befand, habe einen dörflich-ländlichen Charakter. Der Ort würde auch durch die umliegenden landwirtschaftlichen Flächen geprägt. Ein allgemeines Wohngebiet in einem „Dorf“ unterscheide sich maßgeblich von einem Wohngebiet in einem städtisch geprägten Gebiet. Das geringe Ausmaß der Kleintierhaltung sprenge nicht den Rahmen der für eine Wohnnutzung typischen Freizeitbeschäftigung.

Auch Verwaltungsgericht gegen zwergschweine

Doch die Klage wurde vom Verwaltungsgericht abgewiesen. Das Gericht hielt die Haltung der Zwergschweine innerhalb eines Gartens in einem allgemeinen Wohngebiet bauplanungsrechtlich für unzulässig. Der Bebauungsplan weise das Gebiet als allgemeines Wohngebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung (BauNVO) aus. Anlagen zur Tierhaltung gehörten nicht zu den in allgemeinen Wohngebieten zulässigen Anlagen. Allgemeine Wohngebiete dienten vorwiegend dem Wohnen. Wohnen dürfe hier keinen gebietsunüblichen Störungen ausgesetzt werden.

Zwar erlaube § 14 BauNVO in Wohngebieten sogenannte untergeordnete Nebenanlagen.  Dabei müsse es sich um Anlagen handeln, die dem Nutzungszweck der in dem allgemeinen Wohngebiet gelegenen Grundstücke oder des Wohngebiets selbst dienten. Zu diesen untergeordneten Nebenanlagen gehörten auch solche für die Kleintierhaltung. Allerdings ermögliche § 14 BauNVO als Annex zum Wohnen eine Kleintierhaltung nur, wenn sie in dem betreffenden Baugebiet üblich und ungefährlich sind und den Rahmen der für eine Wohnnutzung typischen Freizeitbetätigung nicht sprenge.


Als „Annex“ bezeichnet man in der Architektur oder Stadtplanung ein Gebäude oder einen Anbau, der an ein Hauptgebäude angeschlossen ist.


Gericht: Zwergschweine sind keine Katzen oder Hunde

Das Gericht führte weiter aus, dass in den durch Wohnnutzung geprägten Baugebieten nur Kleintiere gehalten werden dürfen, die der für eine Wohnnutzung charakteristischen Freizeitbeschäftigung entsprächen. Als Kleintiere würden im Allgemeinen etwa Katzen und Hunde angesehen. Dagegen sei in den durch Wohnnutzung geprägten Baugebieten die Haltung von Ziegen, Schafen und Schweinen in der heutigen Zeit nicht mehr üblich und deshalb unzulässig. Eine unterschiedliche Behandlung zwischen sogenannten Hausschweinen, Hängebauchschweinen und Zwergschweinen sei dabei nicht angezeigt. Zwergschweine könnten bis zu einem Meter lang werden und bis zu 100 kg wiegen.

Die Haltung von Schweinen – auch Zwergschweinen – in einem allgemeinen Wohngebiet führe typischerweise zu Geräusch- und Geruchsbelästigungen, die in Wohngebieten unüblich seien. Von Schweinen, die sich ganzjährig rund um die Uhr hauptsächlich im Freien aufhielten, gingen ungefilterte Gerüche und Geräusche aus, die unmittelbar die Umgebung belasteten. Aufgrund ihrer Größe und Anzahl komme es bei Schweinen zudem zu nicht unerheblichen Ausscheidungen, die gebietsatypische Gerüche verbreiteten.

„örtlicher Charakter“ für die Haltung der Zwergschweine nicht entscheidend

Hieran ändere auch nichts, dass die Gemeinde ursprünglich einen dörflichen Charakter hatte oder gar mit dem Spruch „Größtes Dorf der Welt“ werbe. Gegenwärtig zeichne sich die unmittelbare Umgebung des streitgegenständlichen Grundstücks – auf welches es im vorliegenden Fall allein ankomme – durch weit überwiegende Wohnnutzung aus.

Zwar könne im Einzelfall die Üblichkeit der Kleintierhaltung abweichend von der typisierenden Betrachtung bejaht werden, wenn eine konkrete Betrachtung ergebe, dass in der Nachbarschaft vergleichbare Nutzungen vorhanden seien und sich die Bewohner des Baugebiets damit abgefunden hätten. Letzteres sei hier jedoch nicht der Fall.

Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Antrag auf Zulassung der Berufung zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt werden.


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