Der Bundesrat hat am 22. März 2024 das Wachstumschancengesetz beschlossen. Einige der Maßnahmen treten sogar rückwirkend für das Jahr 2023 in Kraft. Was genau gilt ab wann? Ein Überblick.
Es war ein langwieriges Ringen, doch am 22. März 2024 hat der Bundesrat dem „Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness“ (kurz: Wachstumschancengesetz) zugestimmt. Viele Maßnahmen betreffen Unternehmen.
Die ursprünglichen Gesetzespläne wurden deutlich reduziert. So ist zum Beispiel die vorgesehene Klimaschutz-Investitionsprämie genauso gestrichen worden wie die Erhöhung der Pauschalen für den Verpflegungsmehraufwand. Die Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter bleibt auch unverändert.
Doch wie sehen die konkreten Maßnahmen aus? Das Gesetz enthält eine Reihe von Steueränderungen, die auf Arbeitnehmer, Rentner, Vermieter und Unternehmer in den kommenden Jahren zukommen. Einige davon gelten bereits für das Jahr 2023.
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Rentenbesteuerung: Übergangszeitraum für nachgelagerte Besteuerung verlängert
Rentner, die 2023 erstmals eine Rente bekommen haben, müssen nur noch 82,5 Prozent (statt 83 Prozent) ihrer Rente versteuern. Durch die nachgelagerte Besteuerung steigt der Anteil der steuerpflichtigen Renten stetig an. Ab 2023 wird der Besteuerungsanteil für jeden neuen Rentnerjahrgang um einen halben Prozentpunkt jährlich reduziert. Auf Grund dieser Gesetzesänderung werden die Renten erst ab 2058 zu 100 Prozent besteuert werden.
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Änderung beim Altersentlastungsbetrag
Mit der Anpassung wird ab dem Jahr 2023 der anzuwendende Prozentsatz nicht mehr in jährlichen Schritten von 0,8 Prozentpunkten, sondern nur noch in jährlichen Schritten von 0,4 Prozentpunkten verringert. Der Höchstbetrag sinkt ab 2023 um jährlich 19 Euro anstatt bisher 38 Euro.
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Änderung beim Versorgungsfreibetrag
Der Versorgungsfreibetrag, beispielsweise bei Beamtenpensionen, wird etwas anders berechnet. Der Prozentsatz, der zur Ermittlung des Freibetrags verwendet wird, sinkt nun langsamer: Jährlich verringert er sich ab dem Jahr 2023 um 0,4 Prozent, statt bisher 0,8 Prozent.
Der Höchstbetrag sinkt ab 2023 um jährlich 30 Euro (statt 60 Euro) und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag um jährlich 9 Euro (statt 18 Euro).
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Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau
Für neu gebaute Mietwohnungen gibt es unter bestimmten Voraussetzungen eine Sonderabschreibung. Nicht gefördert werden sollen aber sehr teure Wohnungen. Das Wachstumschancengesetz erhöht die bisherige Baukostengrenze von 4.800 Euro auf 5.200 Euro je Quadratmeter Wohnfläche. Außerdem steigt die Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibung von bisher höchstens 2.500 Euro auf 4.000 Euro je Quadratmeter Wohnfläche deutlich.
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„Dezemberhilfe 2022“ bleibt steuerfrei
Die als Entlastung für die hohen Gas- und Fernwärmekosten an Verbraucher gezahlte sogenannte „Dezemberhilfe 2022“ wird doch nicht besteuert. Die Regelungen dazu wurden bereits mit dem Kreditzweitmarktförderungsgesetz Ende Dezember 2023 komplett gestrichen.
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Befristete Wiedereinführung der degressiven Abschreibung
Unternehmer können bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, beispielsweise Maschinen oder Fahrzeuge, die sie zwischen dem 1. April 2024 und dem 31. Dezember 2024 anschaffen oder herstellen, degressiv abschreiben. Der anzuwendende Prozentsatz darf höchstens das Doppelte des linearen Abschreibungssatzes betragen und ist auf 20 Prozent gedeckelt.
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Befristete Einführung einer degressiven Abschreibung für Wohngebäude
Für Wohngebäude, die zwischen dem 1. Oktober 2023 und dem 30. September 2029 gebaut oder gekauft werden, wird eine degressive Abschreibung eingeführt. Im Jahr der Fertigstellung können Vermieter so 5 Prozent der Kosten anteilig abschreiben, in den folgenden Jahren dann jeweils weitere 5 Prozent des Restwerts. Der Wechsel zur linearen Abschreibung ist jederzeit möglich.
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Verbesserung bei der Sonderabschreibung
Unternehmen, die im Vorjahr einen Gewinn von maximal 200.000 Euro im Jahr erzielten, durften für Investitionen bisher neben der planmäßigen Jahresabschreibung eine Sonderabschreibung bis zu 20 Prozent der Investitionskosten vornehmen. Ab 2024 steigt der maximale Satz auf 40 Prozent. Er gilt für bewegliche Wirtschaftsgüter, also beispielsweise Maschinen.
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Höhere Freigrenze für Geschenke
Bei Geschenken an Geschäftspartner können Unternehmer künftig höhere Beträge ausgeben und damit steuerlich profitieren: Ab 2024 können Geschenke bis zur Freigrenze von 50 Euro netto im Jahr als Betriebsausgaben abgesetzt werden. Bislang lag diese Grenze bei 35 Euro.
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Anhebung der Freigrenze für private Veräußerungsgeschäfte
Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften unter 600 Euro im Jahr sind steuerfrei. Ab 2024 wird die Freigrenze auf 1.000 Euro erhöht. Die gilt zum Beispiel auch für einen Gewinn aus dem Verkauf von Bitcoins oder anderen Kryptowährungen innerhalb eines Jahres.
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Pauschbetrag für Berufskraftfahrer wird erhöht
Der Pauschbetrag für Berufskraftfahrer, die im Fahrzeug übernachten, wird von 8 Euro auf 9 Euro erhöht. Diesen steuerfreien Betrag gibt es zusätzlich neben den normalen Verpflegungsmehraufwendungen von 14 Euro bzw. 28 Euro.
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Grenzen für die Einnahmenüberschuss-Rechnung steigen
Bestimmte Unternehmer (Gewerbebetriebe sowie Land- und Forstwirte) müssen für die Steuererklärung Bilanzen erstellen, wenn ihr Umsatz über 600.000 Euro oder der Gewinn über 60.000 Euro liegt. Diese Betragsgrenzen werden ab 2024 auf 800.000 Euro Umsatz und 80.000 Euro Gewinn angehoben. Das bedeutet, dass die Einkünfte dann mit der einfacheren Einnahmenüberschuss-Rechnung (EÜR) ermittelt werden dürfen. Freiberufler, wie Ärzte und Rechtsanwälte, dürfen nach wie vor immer die EÜR anwenden.
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Erweiterter Verlustvortrag
Verluste, beispielweise von Unternehmern, dürfen nach den Regelungen der Steuergesetze in Vorjahre zurück- bzw. in Folgejahre vorgetragen werden, um dort mit Gewinnen verrechnet zu werden.
Hohe Verluste müssen jedoch über mehrere Jahre verteilt werden.
Beim Verlustvortrag gilt: Verluste aus Vorjahren dürfen im Folgejahr jeweils nur bis zu 1 Million Euro (2 Millionen Euro bei Ehepartnern) mit dem aktuellen Gesamtbetrag der Einkünfte verrechnet werden.
Sind die Verluste noch höher, ist eine zusätzliche Verrechnung pro Jahr begrenzt auf 60 Prozent des aktuellen Gesamtbetrags der Einkünfte.
Für die Steuerjahre 2024 bis 2027 wird diese Begrenzung auf 70 Prozent erhöht.
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Umsatzsteuer bei Kleinunternehmern
Kleinunternehmer werden ab 2024 davon befreit, eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung abzugeben. Dies gilt nicht für die Fälle des § 18 Abs. 4a UStG, beispielsweise Gewerbetreibende, die Waren innerhalb der EU erwerben. Die Abgabepflicht gilt weiterhin, wenn das Finanzamt die Erklärung einfordert.
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Fünftel-Regelung für Abfindungen bei der Lohnsteuer
Für Entschädigungen und Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten kann zurzeit der Arbeitgeber bei der Berechnung der Lohnsteuer eine Tarifermäßigung nach der Fünftel-Regelung berücksichtigen. Weil das Verfahren für Arbeitgeber kompliziert ist, wird diese Möglichkeit künftig gestrichen. Arbeitnehmern bleibt dann nur der Weg, die begünstigte Besteuerung in ihrer eigenen Steuererklärung zu beantragen.
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Keine Umsatzsteuer-Voranmeldung bei geringer Steuer
Unternehmer, deren Umsatzsteuer für das Vorjahr nicht mehr als 2.000 Euro betragen hat, müssen künftig keine vierteljährlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen mehr abgeben. Bisher lag die Grenze bei 1.000 Euro.