Trotz Corona-Soforthilfen und Sozialschutz-Paket stehen viele Soloselbständige und Kleinbetriebe noch immer im Regen. Weniger als 20 % der Betroffenen haben bereits Grundsicherung beantragt oder planen das. Die meisten Selbstständigen greifen stattdessen ihre Rücklagen für die Alterssicherung an. Andere sind unmittelbar existenziell bedroht oder stehen womöglich kurz vor der Privatinsolvenz. Demgegenüber sind Selbstständige in anderen EU-Ländern zum Teil wesentlich besser abgesichert.
Die Initiative Kulturschaffender in Deutschland (IKiD) und der Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland e.V. (GVSD) haben daher Ende Mai die Bundestagspetition „Verlängerung und rechtssichere Ausgestaltung von Soforthilfen für Selbstständige“ gestartet.
Die wichtigsten Forderungen auf einen Blick
Darin fordern sie …
- einen Neustart und die Verlängerung der Corona-Hilfen für Selbstständige in Form einer “Soforthilfe Plus”,
- die rückwirkende Berücksichtigung von Lebenshaltungskosten, Miete und Krankenversicherungsbeiträgen in Form eines kalkulatorischen Unternehmerlohns – zusätzlich zur Betriebskostenübernahme,
- die Gleichbehandlung aller Betroffenen – unabhängig von Bundesland und Antragszeitpunkt sowie
- die bundesweit einheitliche Auszahlung durch die Finanzämter.
Perspektivisch verlangen die Antragsteller zudem die einkommensabhängige Berechnung der GKV-Beiträge für Selbstständige sowie eine Beschränkung der geplanten Altersvorsorgepflicht auf neu gegründete Unternehmen.
Wichtig: Damit sich der zuständige Bundestags-Ausschuss mit dem Anliegen der Selbstständigen befasst, muss die Petition bis 25. Juni 2020 von mindestens 50.000 Menschen unterstützt werden. Wer die Bundestags-Petition Nr. 111001 mitzeichnen möchte, benötigt einen (gebührenfreien) Account beim Bundestags-Petitionsausschuss. Dafür genügt die Angabe von Namen, Anschrift und E-Mailadresse.
Höchste Zeit: Hintergrund der Bundestagspetition
Zur Abfederung der wirtschaftlichen Pandemie-Folgen haben Bund und Länder bereits viel Geld in die Hand genommen. In den vergangenen drei Monaten wurden zahlreiche Maßnahmen zum Schutz betroffener Bevölkerungsgruppen beschlossen:
- Angefangen beim inzwischen verlängerten Kurzarbeitergeld für Arbeitnehmer
- über Steuerstundungen, Liquiditäts- und Beratungszuschüsse sowie Überbrückungskredite für Unternehmen
- bis hin zur Absenkung der Umsatzsteuer auf Speisen in der Gastronomie.
Nicht alle Betriebe kommen jedoch in den Genuss von finanziellen Beihilfen. So können Freiberufler, Soloselbstständige und Kleinunternehmer zwar Zuschüsse zu ihren Betriebsausgaben beantragen. Für die Sicherung des privaten Lebensunterhalts war und ist die bisherige „Corona-Soforthilfe für Kleinstunternehmen und Soloselbständige“ jedoch ausdrücklich nicht gedacht!
Schutzlos trotz Schutzschirm?
Selbstständige, denen die Corona bedingten Einschränkungen des öffentlichen Lebens die Existenzgrundlage entziehen, werden stattdessen im Rahmen des „Sozialschutzpakets“ auf die Grundsicherung (= Hartz IV) verwiesen. Dafür sollte der Zugang zu Arbeitslosengeld II, Zuschüssen zu Miet- und Heizkosten sowie andere Leistungen für Hilfsbedürftige im Sinne des § 9 SGB II erleichtert werden. Versprochen war vor allem eine vereinfachte Vermögensprüfung.
Angekommen sind die in Aussicht gestellten Erleichterungen und Hilfszahlungen aufgrund der nach wie vor hohen Hartz IV-Hürden jedoch nur bei einem sehr kleinen Teil der Betroffenen:
- Gründe und Folgen der Förder-Schieflage hat die Initiative Kulturschaffender in Deutschland in einer 28-seitigen Bestandsaufnahme zusammengetragen (PDF, 2,55 MB).
- Die Analyse enthält auf den Seiten 18 bis 20 auch einen Vergleich mit der Lage von Soloselbstständigen in anderen europäischen Ländern. Auf der VGSD-Website wird der internationale Vergleich von Selbstständigen-Soforthilfen gut lesbar aufbereitet.
Bitte beachten Sie: Die Bundestags-Petition Nr. 111001 („Verlängerung und rechtssichere Ausgestaltung von Soforthilfen für Selbstständige“) ist seit 28. Mai 2020 vier Wochen lang freigeschaltet und läuft noch bis 25. Juni 2020.