„Kaufmann werden, ist nicht schwer – Kaufmann sein, dagegen sehr…“: Um die (handels-)rechtliche Bedeutung des Kaufmanns-Begriffs rankt sich so manches Missverständnis. Dabei ist der Kaufmann-Status in vielerlei Hinsicht von erheblicher Bedeutung.
So müssen Kaufleute …
- von vornherein viel strengere Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten beachten als Nicht-Kaufleute (z. B. doppelte Buchführung, Inventur, Bilanz),
- die vielfältigen Sorgfalts- und Informationspflichten des Handelsgesetzbuches (HGB) erfüllen und
- Handelsbräuche kennen (z. B. wissen, was es mit den folgenschweren „kaufmännischen Bestätigungsschreiben“ auf sich hat).
„Kaufmann oder Nicht-Kaufmann“ – das ist also hier die Frage. Fangen wir bei den am weitesten verbreiteten Irrtümern an: Eine kaufmännische Berufsausbildung ist definitiv nicht erforderlich, um zum Kaufmann zu werden. Genau genommen sind die Absolventen kaufmännischer Berufsausbildungen ohnehin keine (Industrie-, Groß- und Außenhandels- oder Büro-)Kaufleute etc., sondern Kaufmannsgehilfen.
Auch studiert haben muss ein echter Kaufmann nicht: Der frühere akademische Grad des Diplom-Kaufmanns war und ist im Wirtschaftsleben zwar karriereförderlich – für die rechtliche Stellung eines Unternehmers im Geschäftsleben spielt er jedoch keine Rolle.
Kaufmann: Betreiber eines Handelsgewerbes
Kaufmann im Sinne des HGB ist vielmehr grundsätzlich jeder Betreiber eines „Handelsgewerbes“. Auch wenn sich das so anhört, sind damit nicht nur Händler gemeint: Im Prinzip kann jeder Gewerbebetrieb zum Handelsgewerbe werden, also auch Handwerker, Dienstleister und Industrieunternehmen. Wer ohne Gewerbeschein arbeitet (insbesondere Freiberufler und ähnliche Selbstständige, Land- und Forstwirte), ist hingegen von Haus aus kein Kaufmann.
Aber auch der sprichwörtliche „Kaufmann an der Ecke“ ist nur in den seltensten Fällen ein HGB-Kaufmann. Denn zum Handelsgewerbe wird der Gewerbebetrieb erst, wenn „das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb“ erfordert. Das ist in § 1 HGB so geregelt. Bei einem kleinen Einzelhändler oder Dienstleister ist das in aller Regel nicht der Fall.
Kriterien der Kaufmannseigenschaft
Ab wann genau von einem „in kaufmännischer Weise eingerichteten“ Betrieb die Rede sein kann, ist nirgends eindeutig geregelt. Die in § 141 Abgabenordnung festgelegten steuerrechtlichen Umsatz- und Gewinngrenzwerten sind für die Entscheidung nicht von Belang. Überhaupt kommt es nicht auf einzelne Grenzwerte der Größe, Komplexität oder Leistungsfähigkeit eines Unternehmens an. Vielmehr wird immer der Gesamteindruck des Einzelfalls beurteilt. Entscheidend sind dabei …
- die Branche,
- das Betriebsvermögen,
- das eingesetzte Fremdkapital,
- die Mitarbeiterzahl und
- die Umsatzhöhe.
Die gute Nachricht: Die allerwenigsten Selbstständigen und Kleinunternehmen laufen Gefahr, anhand dieser Merkmale ungewollt zum Kaufmann zu werden. So können in der Dienstleistungsbranche durchaus noch Betriebe mit einem Jahresumsatz von 150.000 Euro, einem Betriebsvermögen von 100.000 Euro und/oder 5 Mitarbeitern als Kleingewerbetreibende durchgehen.
Kaufmann per Rechtsform
Neben dem bislang beschriebenen (Voll-)Kaufmann im Sinne des HGB (auch „Ist-Kaufmann“ genannt), gibt es zahlreiche Unternehmen, die durch Eintragung in das Handelsregister automatisch den Kaufmannstatus erhalten. Das sind in erster Linie die eintragungspflichtigen Kapitalgesellschaften (z. B. GmbH und Aktiengesellschaften) sowie Personengesellschaften (z. B. oHG und KG). Gesellschaften sind aufgrund ihrer Rechtsform also automatisch „Form-Kaufleute”.
Nur Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbRs = BGB-Gesellschaften) müssen nicht ins HGB eingetragen werden und sind daher auch keine Kaufleute. Erst wenn sich eine GbR freiwillig in das Handelsregister eintragen lässt, wird sie zum (Kann-)Kaufmann. Das gilt schließlich auch für den freiwillig eingetragenen Einzelunternehmer (= „eingetragener Kaufmann“, e.K.).