Über die Einkommen von Selbstständigen und Unternehmern geistern ganz unterschiedliche Vorstellungen durch die Medien und Köpfe der Menschen: Die einen haben den reichen Ausbeuter vor Augen, der auf Kosten seiner Beschäftigten im Luxus schwelgt – andere das Bild vom darbenden und sich selbst ausbeutenden Selbstständigen-“Prekariat”.
Und die Unternehmer selbst? Ganz gleich, wie hoch ihr Einkommen tatsächlich ist: Sie haben oft das Gefühl, nicht erfolgreich (genug) zu sein. Gespräche mit Kunden, Lieferanten und Dienstleistern vermitteln den Eindruck, dass alle anderen Geschäftsleute mehr Umsatz machen, höhere Gewinne erzielen und sich und ihren Familien einen höheren Lebensstandard gönnen können. Selbst gegenüber vergleichbaren Angestellten fühlen sich viele Selbstständige im Nachteil.
Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) rückt diese Eindrücke ein wenig zurecht: Die aktuelle Untersuchung fußt auf schon etwas angestaubten Daten einer bundesweiten Mikrozensus-Volksbefragung (aus dem Jahr 2009!). Ausgangspunkt war die Frage, ob sich der Schritt in die Selbstständigkeit finanziell lohnt – vor allem im Vergleich zu den Einkommens-Chancen von Arbeitnehmern.
Dabei unterscheidet die Studie sinnvollerweise zwischen Solo-Selbstständigen und Selbstständigen mit Beschäftigten. Die wichtigsten Ergebnisse:
- Selbstständigkeit geht mit großen Einkommenschancen einher, ist aber auch mit hohen Einkommensrisiken behaftet.
- Die Einkommen von Selbstständigen weisen eine (im Vergleich zu Arbeitnehmern) um das Dreifache höhere Streuung auf. Mit anderen Worten: Unternehmer und Freiberufler erzielen sowohl sehr niedrige als auch überproportional hohe Einkommen.
- Selbstständige mit eigenen Mitarbeitern verdienen durchweg mehr als Arbeitnehmer.
- Die Mehrzahl der Solo-Selbstständigen verdient dagegen unterm Strich tatsächlich eher weniger als vergleichbare Arbeitnehmer!
Differenzierte Durchschnitts-Betrachtungen
Aufgrund der unterschiedlichen Besteuerungs- und Sozialversicherungsverfahren legen die DIW-Forscher bei ihren Vergleichen das monatliche Nettoeinkommen zugrunde – also nach Abzug sämtlicher Steuern, Krankheits- und Vorsorgeaufwendungen. Wegen der deutlich höheren Spitzeneinkommen liegt das (arithmetische) Durchschnittseinkommen von Selbstständigen dabei klar über dem von Arbeitnehmern. Legt man jedoch das Nettoeinkommen zugrunde, bei dem 50 Prozent der Befragten weniger und 50 Prozent mehr verdienen (= “Medianeinkommen”), gleichen sich die Unterschiede an:
arithmetisches Durchschnittseinkommen |
Medianeinkommen |
|
Arbeitnehmer |
1.534 Euro | 1.400 Euro |
alle Selbstständige |
2.424 Euro | 1.850 Euro |
Solo-Selbstständige |
1.704 Euro | 1.400 Euro |
Selbstständige mit Beschäftigten |
3.338 Euro | 2.450 Euro |
Berücksichtigt man zudem die höhere zeitliche Belastung von Selbstständigen, liegt das Netto-Medianeinkommen sogar unter dem eines Arbeitnehmers! Laut DIW-Studie betrug der Netto-Stundenlohn des “Median-Angestellten” im Jahr 2009 rund 10 Euro, das entsprechende Nettoeinkommen eines Solo-Selbstständigen lag demgegenüber bei 9,38 Euro pro Arbeitsstunde.