Empfehlungsmarketing: Welche Fallstricke drohen beim Werben mit Testimonials und Bewertungen?
Empfehlungen zufriedener Kunden sind eine sehr effektive Werbung. Im Empfehlungsmarketing geht es darum, die Bestandskunden gezielt dazu anzuregen und ihre positiven Rückmeldungen werbewirksam einzubinden. Ein hervorragendes Konzept, das allerdings Umsicht erfordert. Bei der Umsetzung drohen einige rechtliche Stolperfallen.
Positive Bewertungen sind Marketing-Gold – trotzdem ist Empfehlungsmarketing kein Selbstläufer
Kaum etwas fördert die Kaufentscheidung potenzieller Kundinnen und Kunden so sehr wie eine glaubhafte positive Bewertung durch andere Kunden. Und viele Menschen lassen sich zu Sterne-Beurteilungen und anerkennenden Kommentaren auf Google, Amazon oder einer der vielen weiteren Plattformen bewegen. Man muss sie nur darauf bringen. Zusätzlich können die Bewertungen dort auf der eigenen Website oder im eigenen Shop eingebunden werden. Dazu gibt es diverse Tools. Tipps für Google liefert zum Beispiel „digital lokal“.
Wer keinen großen Handel betreibt, sondern etwa als Dienstleister einen überschaubaren Kundenstamm hat, kann direkt nach Rückmeldungen fragen. Die lassen sich dann auf der eigenen Website oder auch in den sozialen Medien veröffentlichen.
Einen Haken hat die Sache mit dem Empfehlungsmarketing jedoch: Es gibt eine Reihe rechtlicher Einschränkungen. Wer sie aus den Augen verliert, muss mit wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen oder sogar mit Schadenersatzklagen rechnen.
Besser nicht: „Ich übernehme nur die positiven Bewertungen auf meine Website!“
Sie haben viele Rezensionen und Bewertungen zu ihren Angeboten, zum Beispiel auf Google Maps? Die meisten fallen gut aus, aber einige sind sehr kritisch?
Manche der genannten Tools zur Anzeige der Bewertungen auf der eigenen Website ermöglichen es, nur die erfreulichen Rückmeldungen zu übernehmen. Genau das kann sich allerdings als Bumerang erweisen. Das gilt zumindest dann, wenn man die Positivauswahl nicht klar benennt. Das „Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb“ definiert „das Verheimlichen wesentlicher Informationen“ als „Irreführung durch Unterlassen“ (§ 5a UWG). Die ist unlauter und unzulässig.
Auch nicht gut: „Wir schreiben jetzt einfach mal alle Bestandskunden an und fordern Sie zu einer Bewertung auf“
Sie haben eine Vielzahl von Kundenadressen aus abgeschlossenen Bestellungen. Doch wenn sie ihnen allen in einer großen Kampagne nun die Aufforderung zu einer positiven Bewertung zuschicken, ist das problematisch.
Nichts spricht dagegen, wenn Sie während des Bestellvorgangs, in einem Beipack-Zettel mit den Waren oder nebenbei in der Korrespondenz mit Ihren Geschäftspartnern um eine Bewertung oder eine Rezension für Ihr Angebot bitten. Wenn Sie dagegen frühere Kunden im Nachhinein kontaktieren, müssen die datenschutzrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen.
Am besten, Sie bauen in den normalen Bestellprozess eine Einwilligung für weitere Kontaktaufnahmen ein. Die Formulierung sollte Bitten um Bewertungen mit abdecken. Natürlich darf die Zustimmung nicht vorgegeben sein. Außerdem sollte ein Double-Opt-In per zugeschicktem Link in einer Extra-E-Mail erfolgen.
Daneben erlaubt das Wettbewerbsrecht, dass Bestandskunden selbst ohne gesonderte Einwilligung per E-Mail angeschrieben werden (§ 7 Abs. 3 UWG). Dann darf es aber nur um Werbung für ähnliche Produkte oder Services gehen wie die bereits gekauften. In einer solchen Werbemail können Sie grundsätzlich auch die Bitte um eine Bewertung für früher gekaufte Waren oder Dienstleistungen unterbringen. In jedem Fall erforderlich ist eine Abmeldemöglichkeit.
Geht so nicht: „Das Zitat aus der Dankeschön-Meldung setzen wir gleich auf die Website.“
Erfreuliche Kunden-Rückmeldungen müssen nicht immer den Umweg über große Bewertungsplattformen nehmen. Es gibt auch den direkten Weg. Angenommen, Sie haben als selbstständige Web-Designerin einem Kunden die Website neugestaltet. Nach Abschluss des Auftrags bedankt er sich für Ihre gute Arbeit. Das wäre ein großartiges Testimonial für Ihre eigene Website!
Aber: Bevor Sie das Zitat übernehmen und den Namen samt Firmennamen des Kunden daruntersetzen, benötigen Sie seine Einwilligung. Sie verletzen sonst sein Persönlichkeitsrecht, weil sie ohne seine Einwilligung aus einer privaten Mitteilung zitieren und ihn als Werbeträger für sich positionieren. Noch schwieriger wird es, wenn sie ungefragt ein Bild des Kunden einbinden. Damit verstoßen Sie gegen Urheber- und Persönlichkeitsrechte.
Zum Glück gibt es einen einfachen Ausweg: Eine freundliche Anfrage mit der Bitte, das Zitat und gegebenenfalls ein Foto des Kunden als Testimonial nutzen zu dürfen. Die Antwort sollten Sie als Nachweis aufbewahren.
Schlechte Idee: „Wir bieten den Leuten für ihre Bewertung ein kleines Geschenk“
Ein kleines Goodie kann Kunden zum Abgeben einer Bewertung oder zu einer positiven Rezension motivieren. Warum also nicht ein kleines Geschenk versprechen?
Allerdings hat die Sache einen Haken: Die freundliche Beurteilung wird dadurch zur bezahlten Werbung. Dafür muss kein Geld fließen. Es genügt schon die Teilnahme an einem Gewinnspiel oder ein anderer kleiner Vorteil.
Solange Sie das kennzeichnen, ist das rechtlich in Ordnung. Dazu muss über den Nutzerbewertungen auf ihrer Website „Anzeige“ stehen. Das macht leider einen etwas fragwürdigen Eindruck. Schließlich soll es um authentische Rückmeldungen gehen. Lassen Sie den Hinweis weg, betreiben Sie Schleichwerbung (§ 8 Abs. 3, § 22 MStV). Die ist als Wettbewerbsverstoß abmahnfähig.
Noch schlechtere Idee: „Wir kaufen die Bewertungen, geben sie selbst ab oder finden eine Agentur, die positive Testimonials schreibt“
Die Versuchung, den gewünschten guten Bewertungen ein wenig nachzuhelfen, ist groß. Es gibt genug Dienstleister, die einen dabei unterstützen. Manche Selbstständige legen selbst Hand an. Oder sie sorgen dafür, dass Mitarbeiter, Verwandte oder Freunde wohlmeinende Rezensionen schreiben und viele Sterne vergeben.
Das Ergebnis überzeugt nicht immer. Es fällt auf, wenn sich gute Bewertungen auf einen Schlag häufen. Oft wirken die Formulierungen künstlich oder übertrieben positiv. Manchmal wiederholen sich die immer gleichen Formuliermuster. Aber das ist nur eine Seite des Problems.
Auch rechtlich ist das Ganze riskant. Fliegt die Sache auf, zum Beispiel weil ein Mitarbeiter oder die Agentur auspacken, können Wettbewerber klagen. Falsche Bewertungen, die Authentizität nur vorspiegeln, sind eine „unlautere geschäftliche Handlung“ sowie grundsätzlich eine „Irreführung“ oder „Irreführung durch Unterlassen“ im Sinne des Wettbewerbsrechts (§ 3, § 5 und § 5a UWG).
Stolperstein: „Ob die das wirklich gekauft haben, ist doch egal.“
Veröffentlicht ein Unternehmen Bewertungen zu seinen Produkten oder Dienstleistungen, muss es angeben, wie es überprüft, dass diese von echten Kunden oder Nutzern stammen. Das ist eine „wesentliche Information“ im Sinne des Wettbewerbsrechts. Wer sie einfach weglässt, begeht Irreführung (§ 5b Abs. 3 UWG).
Wenn die Authentizität nicht überprüft wird, muss deshalb ein entsprechender Hinweis gemeinsam mit den Bewertungen veröffentlicht werden (z. B. „Wir überprüfen die Bewertungen nicht auf ihre Echtheit“.) Aus Marketing-Sicht ist das unschön, rechtlich aber sinnvoll.
Noch ein Fallstrick: Irreführender Kontext
Irreführung im Sinne des Wettbewerbsrechts liegt auch dann vor, wenn das Einblenden der Bewertung oder des Testimonials an einem bestimmten Ort zu Missverständnissen führt. Angenommen, die begeisterte Rückmeldung ist authentisch und ohne Gegenleistung entstanden. Sie bezieht sich auf Produkt A. Eingeblendet wird sie auf der Produktseite zu B. Für Besucher ist nicht erkennbar, dass ein anderes Angebot gemeint war. In diesem Fall kann ebenfalls eine Abmahnung durch Wettbewerber oder einen Verbraucherschutzverband drohen.
Seit langem out: Weiterempfehlen-Funktion für Website-Besucher
Früher waren sogenannte Tell-a-friend-Formulare weit verbreitet: Website- und Shop-Besucher konnten die URL der Seite ganz einfach an Bekannte weiterschicken und mussten dazu nur deren E-Mail-Adresse in ein Eingabefeld tippen. Dass solche Empfehlungs-Skripte dem Missbrauch Tür und Tor öffneten, liegt auf der Hand. Inzwischen werden auf diese Art verschickte Hinweis-Mails rechtlich als Spam eingeordnet. Das gilt auch für andere Medien wie Chat.
Anmerkung: Affiliate- und Influencer-Marketing
Affiliate-Links und Influencer Marketing gehören nicht wirklich zum Empfehlungsmarketing. Schließlich erwähnen und loben dabei die anderen Website-Betreiber oder Influencer das eigene Produkt aus rein kommerziellen Motiven. Genau deshalb müssen sie ihre „Empfehlungen“ auch als Werbung kennzeichnen. Andernfalls liegt Schleichwerbung vor.
Trotzdem: Empfehlungsmarketing lohnt sich
Den vielen Warnhinweisen zum Trotz: Empfehlungsmarketing bietet viel Potenzial, und das für jede Unternehmensgröße. Empfehlungen sind nach wie vor eine der besten Formen von Marketing, die es gibt.
Motivieren Sie Kunden, Besucher, Gäste oder Nutzer dazu, ihre Zufriedenheit auszudrücken. Es gibt genug Menschen, die engagierten Service oder gute Qualität mit positivem Feedback honorieren. Man muss sie nur daran erinnern.