Am 3. Juni 2020 hat der Koalitionsausschuss der Großen Koalition eine befristete Absenkung der geltenden Mehrwertsteuersätze (= Umsatzsteuersätze) beschlossen. Demnach sollen vom 1. Juli 2020 bis 31. Dezember 2020 die folgenden Steuersätze gelten:
- Regelsteuersatz: 16 % (statt derzeit 19 %)
- ermäßigter Steuersatz: 5 % (statt derzeit 7 %)
Selbst Experten sind vom Umsatzsteuer-Coup überrascht. Kein Wunder: Die letzte Steuersatz-Änderung bei der Umsatzsteuer ist lange her. Im Jahr 2007 stieg der Regelsteuersatz von 16% auf 19%. Der ermäßigte Steuersatz liegt sogar seit 1983 unverändert bei 7%. Eine Senkung der Mehrwertsteuer hat es in der über 50-jährigen Geschichte dieser Steuerart in Deutschland überhaupt noch nicht gegeben.
Viel Wind um nichts?
Durch die vorübergehende Steuersenkung und die übrigen Maßnahmen sollen die Binnennachfrage gestärkt, die Konjunktur angekurbelt und die Pandemiefolgen abgemildert werden. Ob das gelingt, steht in den Sternen:
- Erstens ist nicht ausgemacht, ob und in welchem Umfang die Betriebe die Steuerentlastung von geschätzt 20 Milliarden Euro an ihre Endkunden weiterreichen. Eine Verpflichtung besteht nicht: Selbstständige und Unternehmen sind grundsätzlich frei in ihrer Preiskalkulation!
- Und selbst wenn die Steuersenkung 1:1 weitergegeben wird, ist angesichts der allgemeinen Verunsicherung in der Bevölkerung nicht absehbar, ob ein geringfügig niedrigeres Preisniveau den privaten Konsum auch tatsächlich erhöht.
Bitte beachten Sie: Die angekündigte Mehrwertsteuer-Senkung ist bislang nur eine Absichtserklärung. Zwar gibt es inzwischen einen Regierungsbeschluss und den Entwurf eines “Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes“. Bis zum geplanten Inkrafttreten des Konjunkturprogramms am 1. Juli 2020 fehlen aber noch …
- die Verabschiedung durch Bundestag und Bundesrat,
- die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt und
- das Schreiben des Bundesfinanzministerium, in dem die Umsetzung geregelt ist (z. B. die geänderten Formulare für die Umsatzsteuervoranmeldungen und Steuererklärungen).
Wann und wie auch immer die Umsetzung erfolgt – klar ist schon jetzt: Sollte es der Bundesregierung tatsächlich gelingen, die genannten Hürden in den nächsten zwei Wochen umzusetzen, sind Sie mit WISO MeinBüro von Anfang an auf der sicheren Seite!
Kleine Änderung – große Auswirkungen!
Ohne Unterstützung einer laufend aktualisierten Rechnungs- und Bürosoftware ist die korrekte Berücksichtigung der Steuersatz-Änderung alles andere als trivial. Einzige Ausnahme sind umsatzsteuerliche Kleinunternehmer. Da dieser Personenkreis keine Umsatzsteuer (= Mehrwertsteuer) auf seinen Rechnungen ausweisen (und keine Vorsteuer geltend machen) darf, spielt der Steuersatz für sie rechtlich keine Rolle.
Für umsatzsteuerpflichtige Unternehmen hat die vorübergehende Mehrwertsteuer-Senkung hingegen erhebliche Auswirkungen. Viele betriebliche Bereiche sind davon betroffen – denken Sie nur an …
- Preiskalkulation und Preislisten,
- Artikel-Stammdatenverwaltung,
- Ein- und Ausgangsrechnungen,
- Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuererklärungen,
- Einnahmenüberschussrechnungen etc.
Besonders schwierig ist die rechtskonforme Ermittlung der meldepflichtigen Umsatzsteuer-Einnahmen und Vorsteuer-Ausgaben bei Abschlagszahlungen, Vorschüssen, Guthaben, Gutscheinen, Abos und anderen Dauerrechtsverhältnissen. Erschwerend kommt hinzu, dass die geplante Steuersatz-Umstellung in einem halben Jahr gleich wieder rückgängig gemacht werden muss!
Bitte beachten Sie: Die Details Ihres Einzelfalls und Zweifelsfragen beim Thema Umsatzsteuer besprechen Sie am besten mit Ihrem Steuerberater. Der kann Ihnen auch konkrete Hinweise zur optimalen Umstellung der Steuersätze im Juli 2020 (und zur Rolle rückwärts im Januar 2021) geben.
Mehr MeinBüro – weniger Bürokratie!
Ganz gleich, ob mit oder ohne Steuerberater: Mit MeinBüro hält sich der erforderliche Bürokratie-Aufwand zum Glück in Grenzen. Ihre Software wird zeitnah aktualisiert, so dass die neuen Standard-Steuersätze pünktlich zum 1. Juli 2020 für Sie verfügbar sind!
Und gleich noch ein Hinweis hinterher: Neben der Senkung der Mehrwertsteuersätze enthält das Konjunkturprogramm der Großen Koalition noch zahlreiche weitere Maßnahmen. Dazu zählen unter anderem …
- Angepasste Corona-Überbrückungshilfen für die Monate Juni bis August 2020,
- die befristete Wiedereinführung der degressiven Abschreibung (AfA),
- die vorübergehende Anhebung des steuerlichen Verlust-Rücktrags,
- die Verstetigung des Kurzarbeitergeldes,
- die Förderung von Mitarbeiter-Beteiligungen oder auch
- die Verkürzung des Entschuldungsverfahren für natürliche Personen auf drei Jahre.
Sobald diese Vorhaben vom Gesetzgeber beschlossen wurden und die Details feststehen, werden wir an dieser Stelle über die Einzelheiten berichten.
Noch Fragen?
Weitere Informationen rund um das Thema Umsatzsteuer, Mehrwertsteuer und Vorsteuer finden Sie im MeinBüro-Blog. Hier ein paar Beispiele:
- Was es mit der Umsatzsteuer auf sich hat und wie das Verfahren funktioniert, erfahren Sie in der Umsatzsteuer-Übersicht.
- Umsatzsteuer-Voranmeldung: So beantragen Sie die Dauerfristverlängerung
- Trotz „Ist-Besteuerung“: Vorsteuer aus unbezahlten Rechnungen erstatten lassen!
- Es geht auch ganz ohne Umsatzsteuer: Für wen gilt die Kleinunternehmerregelung?