Die Behörden haben weitreichende Möglichkeiten im Kampf gegen die Covid-19-Epidemie. Das Infektionsschutzgesetz gibt ihnen unter anderem diese Möglichkeiten:
- Sie können bestimmte Personen in Quarantäne schicken: dann müssen diese zur „Absonderung“ zu Hause bleiben oder sich in eine Klinik begeben.
- Die Behörden können ein berufliches Tätigkeitsverbot aussprechen, wenn der Beruf besonders zur Weiterverbreitung der Infektion beitragen kann. Damit müssen beispielsweise Ärzte rechnen.
- Außerdem dürfen die Behörden; Betriebe, Örtlichkeiten, Märkte, Einkaufszentren und andere Örtlichkeiten sperren – auch Gewerberäume und Büros.
Der Infektionsverdacht genügt
Für solche Maßnahmen genügt es, dass der Verdacht einer Infektion besteht und möglicherweise Viren ausgeschieden werden. Die Krankheit selbst muss nicht ausgebrochen sein. Im Fall von Corona dauern die Quarantänemaßnahmen in der Regel mindestens 14 Tage. Für Selbstständige, Freelancer und kleinere Unternehmen kann der damit verbundene Umsatzverlust zu einem großen Problem werden. Umso mehr, wenn womöglich die Kunden abspringen.
Anspruch auf Entschädigung für den Verdienstausfall
Die gute Nachricht: Für den Verdienstausfall durch die Quarantäne und durch Tätigkeitsverbote können Selbstständige eine Entschädigung einfordern.
Das Infektionsschutzgesetz gibt vor, wie dieser Verdienstausfall zu berechnen ist (§ 56 Abs. 3 Satz 1 und 3 IfSG). Bei Selbstständigen entscheidet der Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit gemäß Einkommensteuerbescheid. Ein Zwölftel davon gilt als Monatseinkommen.
Volle Entschädigung gibt es nur für sechs Wochen
Laut Gesetz wird der Verdienstausfall nur für die ersten sechs Wochen voll entschädigt.
Dauert die Quarantäne länger, sinkt der Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe des Krankengeldanspruchs. Grundsätzlich sind das 70 Prozent des täglichen Arbeitseinkommens.
Vorschuss auf Antrag
Eine Quarantäne sollte zwar dank des Entschädigungsanspruchs auch für Selbstständige einigermaßen zu kompensieren sein. Allerdings kann es vor allem bei einer längeren Quarantäne bis zur Auszahlung ziemlich eng werden.
Deshalb kann bereits vor Ende der Quarantänemaßnahme ein Vorschuss „in der voraussichtlichen Höhe der Entschädigung“ beantragt werden. Auch dieser Anspruch ist im Gesetz verbrieft.
Ersatz der Betriebsausgaben
Die Entschädigung des entgangenen Gewinns ist eine Sache. Selbstständige haben daneben mit dem Problem zu kämpfen, dass trotz der Betriebsunterbrechung Betriebskosten wie die Gewerbemiete oder Personalkosten weiterlaufen.
Auch dafür ist vorgesorgt: Selbstständige können von der Behörde Ersatz der während der Maßnahme weiterlaufenden, nicht gedeckten Betriebsausgaben „in angemessenem Umfang“ verlangen.
Wohlgemerkt: Dieser Anspruch besteht zusätzlich zum Anspruch auf Entschädigung für den Verdienstausfall. Allerdings muss man im Gegenzug dafür sorgen, dass die während der Ausfallzeit anfallenden Betriebskosten so gering wie möglich bleiben.
Was tun bei Existenzgefährdung?
Wenn sich während der Quarantäne oder des Tätigkeitsverbots eine „Existenzgefährdung“ ergibt, etwa durch hohe Schulden und eine Pfändung, können die Behörden die dadurch entstandenen „Mehraufwendungen“ ebenfalls ersetzen. Diese Härtefallklausel ist jedoch nur eine Kann-Bestimmung.
Kann man vorsorglich schließen?
Entschädigungen gibt es nur im Fall einer behördlich angeordneten Quarantänemaßnahme oder eines Tätigkeitsverbots. Wer aus Sorge um Ansteckung von sich aus sein Unternehmen vorübergehend schließt, hat keinen Entschädigungsanspruch.
Der Antrag auf Entschädigung bei Quarantäne
An welche Behörde der Antrag auf Entschädigung gestellt werden muss, hängt vom Bundesland ab.
Selbstständige müssen als Nachweis den letzten Steuerbescheid einreichen. Für Gründer werden andere taugliche Unterlagen eingefordert. Für Ersatz der Betriebskosten müssen ebenfalls Nachweise und Zahlungsbelege eingereicht werden.
Die Frist für den Antrag auf Entschädigung ist begrenzt:
- Bei Tätigkeitsverbot spätestens drei Monate nach dem erzwungenen Einstellen der Arbeit
- Bei Absonderung (Quarantäne) spätestens drei Monate nach deren Auslaufen
Erkrankung während der Quarantäne?
Der Entschädigungsanspruch gilt nicht, wenn man schon zu Beginn der Quarantäne arbeitsunfähig erkrankt ist. Dann hätte man ja ohnehin keinen Verdienst erzielt.
Bricht Covid-19 dagegen erst während der Quarantäne aus, hat man weiterhin Anspruch auf Entschädigung, weil der Quarantänegrund weiter besteht. Damit hat man – auch als Selbstständiger, unabhängig von seiner Krankenversicherung – nach sechs Wochen quasi Anspruch auf Krankengeld.
Allerdings zieren sich die Behörden in diesen Fällen gern. Der Anruf bei einem Rechtsanwalt für Verwaltungsrecht kann sich lohnen, wenn die Behörden mauern sollten.
Zum Weiterlesen:
- Quarantäne, Tätigkeitsverbot und andere Maßnahmen sind in den § 28 bis 32 des Infektionsschutzgesetzes geregelt. Die Entschädigungsansprüche basieren auf § 56. Die Berechnungsvorschrift zum Verdienstausfall steht in § 56 Abs. 3 Satz 1 und 3.
- Für die Berechnung des Arbeitseinkommens und damit des Verdienstausfalls gelten die gleichen Grundsätze wie bei der freiwilligen gesetzlichen Kranken- oder Rentenversicherung. Diese Regelung steht in 15 SGB IV. Die Vorschriften zur Krankengeldhöhe sind in § 47 SGB V verankert.
- Informationen zur Erstattung auf Basis von § 56 IfSG gibt es unter anderem von den Bundesländern Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt, Beispiele für Anträge vom Saarland und Rheinland-Pfalz.
- Allgemeine Rechtsinformationen zur Quarantäne hält de bereit.
- Sein zuständiges Gesundheitsamt findet man über die Website des Robert-Koch-Instituts. Das Gesundheitsamt sollte wissen, wer für die Entschädigung zuständig ist.
- Beim RKI gibt es außerdem Informationen zum Virus, zur Pandemie und zu Vorsichtsmaßnahmen.
- Eine Corona-FAQ-Liste und viele weitere Fakten kann man zudem auf de nachlesen.