Gravierende Steueränderungen gibt es für 2022 zwar (noch) nicht zu vermelden: Aufgrund der Bundestagswahlen und Regierungsbildung gegen Ende des Vorjahres waren die auch nicht zu erwarten. Trotzdem: „Irgendwas ist immer!“
- Die in den beiden Vorjahren vorübergehend wieder zulässige degressive Abschreibung ist ausgelaufen.
- Die Dreijahresfrist Frist für IAB-Auflösungen wurde noch einmal verlängert.
- Die monatliche Sachbezugsgrenze für Mitarbeiter steigt von 44 Euro auf 50 Euro.
- Pandemiebedingte Fristverlängerungen für Steuerstundungen und Vollstreckungsmaßnahmen gelten weiter.
- Die Steuerfreiheit für Corona-Bonuszahlungen von bis zu 1.500 Euro wurde bis Ende März 2022 verlängert.
- In der Gastronomie gilt im Jahr 2022 für Speisen weiterhin der ermäßigte Steuersatz von 7%.
- Für Personengesellschaften gibt es neuerdings ein Wahlrecht bei der Besteuerungs-Art.
Murmeltier-Tag: Abschied von der degressiven Abschreibung
Vor dem Hintergrund der Corona-Krise hatte die Bundesregierung die degressive AfA auf bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens vorübergehend wieder eingeführt: Für Investitionen der Jahre 2020 und 2021 ist eine Abschreibung in fallenden Jahresbeträgen in Höhe von 25% pro Jahr zulässig. Dabei darf die degressive AfA maximal das 2,5-fache der linearen Abschreibung betragen.
Für bereits erfolgte Anschaffungen dürfen Sie die degressive Abschreibung selbstverständlich weiter nutzen. Verlängert wird die Vorschrift jedoch nicht: Seit 1. Januar 2022 ist einmal mehr nur die lineare Abschreibung über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zulässig.
Bitte beachten Sie: Die „betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer“ für PCs, Notebooks, Tablets (nicht: Smartphones) und dazugehörige Peripheriegeräte wurde im Vorjahr auf ein (!) Jahr gesenkt. Solche Wirtschaftsgüter dürfen seitdem im Jahr der Anschaffung komplett abgeschrieben werden – ganz gleich, wie hoch die Anschaffungskosten sind! Wichtig: Diese Regelung gilt dauerhaft! Ausführlichere Informationen finden Sie im MeinBüro Blog!
Verlängerte Frist für IAB-Auflösungen
Für geplante Anschaffungen abnutzbarer beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens dürfen Selbstständige, kleine und mittlere Unternehmen laut § 7g EStG gewinnmindernde Rücklagen bilden. Auf diese Weise lassen sich Gewinn und damit die Steuerbelastung senken.
Die sogenannten Investitionsabzugsbeträge (IAB) müssen normalerweise innerhalb von drei Jahren nach dem Jahr der IAB-Bildung wieder aufgelöst werden. Pandemiebedingt konnten viele Betriebe die geplanten Investitionen noch nicht vornehmen. Aus diesem Grund ist die Frist für 2020 auslaufende IAB um ein weiteres Jahr bis Ende 2022 verlängert worden.
Mit anderen Worten: Wenn Sie 2017 einen IAB gebildet haben, hätte Sie die geplante(n) Anschaffung(en) standardmäßig spätestens 2020 vornehmen müssen. Nun haben Sie dafür bis Ende 2022 Zeit. Strafzinsen bei Verzicht auf geplante Investitionen drohen bis dahin nicht.
Bitte beachten Sie: Bereits im Vorjahr wurden die IAB-Konditionen verbessert. Informationen über die höheren und flexibleren Investitionsabzugsbeträge finden Sie im MeinBüro Blog.
Verlängerte Steuerfreiheit für pandemiebedingte Bonuszahlungen
Seit 2020 dürfen Unternehmen ihren Belegschaften steuerbegünstigte Beihilfen und Unterstützungen zahlen. Bonuszahlungen von bis zu 1.500 Euro pro Person und Jahr bleiben steuer- und sozialversicherungsfrei. Damit sollen die erschwerten Corona-Arbeitsbedingungen gewürdigt und abgegolten werden. Diese Vorschrift gilt nun bis zum 31. März 2022.
Verlängerte Steuererklärungs-Frist
Wenn Sie Ihre Steuerpflichten an einen Berater delegiert haben, muss die Steuererklärung für 2020 normalerweise spätestens Ende Februar 2022 beim Finanzamt sein. Diese Frist wurde für 2022 um drei Monate verlängert: Neue Deadline für Steuerberater-Mandanten ist Di., der 31. Mai 2022.
Verlängerte Fristen für Steuerstundungen
Selbstständige und Unternehmer, die von den Pandemiefolgen „nachweislich und nicht unerheblich negativ wirtschaftlich betroffen“ sind, können bis Ende März 2022 einen Antrag auf Stundung der bis zu diesem Zeitpunkt fälligen Steuerzahlungen stellen:
- Finanzämter sollen die Fristverlängerung bis 30. Juni 2022 gewähren. Stundungszinsen müssen Steuerpflichtige in dem Fall nicht befürchten.
- Ende März anstehende Vollstreckungsmaßnahmen sollen ebenfalls bis Ende Juni 2022 ausgesetzt werden.
- Betroffene, die zu Ratenzahlungen bereit und in der Lage sind, können darüber hinaus eine zinslose Anschlussstundung bis Ende September 2022 beantragen.
Die Einzelheiten der zinslosen Fristverlängerungen regelt ein BMF-Schreiben vom 31. Januar 2022.
Sinkende Zinsen auf Steuernachzahlungen
Die bisher üblichen sechs Prozent Zinsen auf Steuernachzahlungen und Steuererstattungen sind angesichts niedriger Marktzinsen verfassungswidrig. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird zu rückwirkend sinkenden Zinsen auf Steuernachzahlungen führen:
Bis Mitte 2022 muss der Gesetzgeber die Höhe der Nachzahlungszinsen neu regeln. Wie hoch die Zinssenkung ausfallen wird, ist noch nicht klar. Sicher ist jedoch, dass die Neuregelung für Zinszeiträume ab 2019 gelten wird und die Rückzahlung bereits zu viel oder zu Unrecht gezahlter Zinsen umfasst.
Verlängerte Mehrwertsteuersenkung auf Speisen
In der Gastronomie gilt im Jahr 2022 für Speisen weiterhin der ermäßigte Steuersatz von 7%. Getränke unterliegen dagegen dem Regelsteuersatz von 19 Prozent.
Lektüretipp: Informationen über die Wahl des richtigen Steuersatzes bietet der MeinBüro Blogbeitrag „Welchen Steuersatz muss ich verwenden?“
Monatliche Sachbezugsgrenze auf 50 Euro angehoben
Zuschüsse für Mitarbeiter zu Kinderbetreuung oder Verpflegung, Strom- und Tankgutscheine, Jobtickets, andere Fahrtkosten, Sport- und Gesundheitskurse und ähnliche Sachbezüge sind ab dem Jahr 2022 bis zu 50 Euro monatlich steuer- und sozialversicherungsfrei. Bislang lag die Freigrenze bei 44 Euro pro Monat.
Gleichzeitig wurden die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit von Gutschein-, Prepaid- und ähnliche elektronische Karten verschärft. Solche Gutscheine und Geldkarten gelten nur dann als Sachbezug, wenn sie entweder bei einem begrenzten Kreis inländischer Akzeptanzstellen eingesetzt oder damit nur gegen eine begrenzte Waren- oder Dienstleistungspalette eingelöst werden können.
Bitte beachten Sie:
- Anders bei einem Freibetrag führt das Überschreiten der Freigrenze dazu, dass der Gesamtbetrag des gewährten Vorteils steuer- und beitragspflichtig wird!
- Sachbezüge dürfen nicht nur an sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter und Auszubildende zahlen, sondern auch an Minijobber. Wegen des niedrigen Grundeinkommens sind abgabenfreie Zusatzleistungen für diese Zielgruppe besonders attraktiv.
- Ausführliche Informationen zur Abgrenzung von Geldleistungen und Sachbezügen bietet das BMF-Schreiben vom 13. April 2021.
Gesellschaftsrecht: Wahlrecht bei der Besteuerung („Optionsmodell“)
Personengesellschaften können sich neuerdings wie Kapitalgesellschaften besteuern lassen. Um das Wahlrecht auszuüben, genügt ein Antrag beim Finanzamt. Der muss allerdings spätestens einen Monat vor Beginn des Geschäftsjahres gestellt werden.
Gewinne und Verluste von Gesellschaftern, die sich für das Optionsmodell entscheiden, unterliegen nicht der persönlichen Einkommensteuer, sondern der Körperschaftsteuer (= „Einkommensteuer juristischer Personen“).
Das Optionsmodell beim Besteuerungsverfahren gilt für Personen-Handelsgesellschaften, also vor allem …
- Offene Handelsgesellschaften (OHG),
- Kommanditgesellschaften (KG) oder auch
- GmbH & Co. KG.
Außerdem können Freiberufler, die sich in Partnerschaftsgesellschaften zusammengeschlossen haben, das Optionsmodell nutzen. Die Einzelheiten der „Option zur Körperschaftsbesteuerung“ sind in § 1a KStG geregelt. Die aktuellen Ausführungsbestimmungen der Finanzverwaltung finden sich im BMF-Schreiben vom 10. November 2021.