Während der Corona-Krise ist die Zahlungsmoral nicht gerade besser geworden – im Gegenteil: Die Ausnahmesituation hat in manchen Branchen und bei vielen Verbrauchern für zusätzliche Liquiditätsprobleme gesorgt. Dass Kunden in Zahlungsverzug geraten, liegt aber nicht unbedingt an finanziellen Engpässen. Offensives Kreditorenmanagement gehört in manchen Unternehmen zur Geschäftspolitik. Auch Privatkunden versuchen immer mal wieder, sich vor Zahlungsverpflichtungen zu drücken.
Aufseiten der Gläubiger führt eine Mischung aus Geduld, Nachsichtigkeit, Unordnung und Hilflosigkeit dazu, dass hohe Außenstände entstehen. Dadurch verschlechtert sich nicht nur kurzfristig die eigene Zahlungsfähigkeit: Je mehr offene Posten, desto größer die Gefahr von Forderungsverlusten!
Hintergrund: Sobald eine Forderung verjährt ist, kann der Schuldner sich auf ein Leistungsverweigerungsrecht berufen. Die Verjährung wiederum tritt deutlich schneller ein als früher: Die in § 195 BGB gesetzlich fixierte regelmäßige Verjährungsfrist beträgt nur noch drei Jahre. Das bedeutet: Am 31. Dezember 2020 verjähren alle Forderungen, die im Jahr 2017 entstanden sind! Wichtig: Die Dreijahresfrist gilt für Verbraucher und Unternehmen gleichermaßen.
Bitte beachten Sie: Die generelle dreijährige Verjährungsfrist gilt für die meisten Werk-, Dienst-, Kauf- und Mietverträge und ähnliche Vertragsarten. In bestimmten Fällen gibt es aber auch kürzere oder längere Verjährungsfristen (etwa für Reparaturmängel oder Grundstücksverkäufe).
Verjährungsfrist richtig berechnen
Die Verjährungsfrist beginnt gemäß § 199 BGB grundsätzlich „mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist“. Wann genau der Anspruch entstanden ist (z. B. auf Zahlung des Kaufpreises, der Vergütung oder des Werklohns), hängt von der zugrunde liegenden Vertragsart ab. Bei …
- Kaufverträgen in der Regel nach Übergabe der Ware, bei
- Dienstverträgen nach Leistungserbringung und bei
- Werkverträgen nach Abnahme des fertigen Werks durch den Auftraggeber.
Einzelvertragliche Abweichungen von den gesetzlichen Bestimmungen sind selbstverständlich zulässig. Der vereinbarte Zahlungstermin findet sich üblicherweise auf der Rechnung wieder und wird dort durch weitere Zahlungsbedingungen (z. B. Skontoangebote) konkretisiert.
Die Fälligkeit entscheidet!
Ausschlaggebend für den Verjährungsbeginn ist daher nicht das Rechnungsdatum, sondern die Fälligkeit der Zahlung:
- Wenn Sie zum Beispiel am 5. Dezember 2017 eine Rechnung mit einer Zahlungsfrist von 14 Tagen verschickt haben, ist Ihr Anspruch am 19. Dezember 2017 entstanden. Der Verjährungs-Fristlauf hat daher am 1. Januar 2018 begonnen. Die Frist endet drei Jahre später, also am 31. Dezember 2020.
- Haben Sie am 5. Dezember 2017 dagegen eine Rechnung mit einer Zahlungsfrist von 30 Tagen verschickt, ist Ihr Anspruch im Januar 2018 entstanden. Der Verjährungs-Fristlauf hat in dem Fall erst am 1. Januar 2019 begonnen. Die Frist endet dann auch erst am 31. Dezember 2021.
Dass Verjährungen grundsätzlich am Ende eines Jahres enden, erschwert zwar die Fristberechnung, hat aber den Vorteil, dass den Gläubigern unterjährig nicht ständig Verjährungen drohen. In der Regel genügt es, alle Alt-Forderungen rechtzeitig vor dem Jahresende einmal unter die Lupe zu nehmen.
Verjährung unterbinden
Wichtig: Um Ansprüche vor der Verjährung zu bewahren, genügt es nicht, bloß eine weitere Zahlungserinnerung oder Mahnung zu verschicken. Gehemmt (= unterbrochen) wird die Verjährungsfrist laut § 204 BGB hingegen durch:
- Zustellung eines Mahnbescheids im Rahmen des gerichtlichen Mahnverfahrens,
- Klageerhebung,
- Erlass des Vollstreckungsurteils oder auch durch
- Einleiten eines Schiedsgerichtsverfahrens.
Am einfachsten und kurzfristig wirksam ist der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids.
Schnell und wirksam: Der Online-Mahnbescheid
Den können Sie unter anderem über das bundesweite Justiz-Onlineportal Online-Mahnantrag.de auf den Weg bringen. Das Justizministerium Baden-Württemberg
stellt dort auch ausführliche Informationen zum automatisierten Mahnverfahren bereit.
Bitte beachten Sie: Wenn die Zeit drängt, können Sie einen Antrag auf Online-Mahnbescheid problemlos ohne Unterstützung eines Anwalts oder Steuerberaters stellen. Der Verjährungs-Fristablauf ist damit bis zum Ende des Mahnverfahrens unterbrochen. Das gilt auch dann, wenn der zugrunde liegende Anspruch umstritten ist. Falls Ihr Schuldner der Zahlungsaufforderung durch das Gericht widerspricht, können Sie immer noch entscheiden, ob Sie Klage einreichen. Bei dieser Entscheidung sollten Sie sich dann aber rechtlich beraten lassen.
Es geht auch ohne Mahnbescheid!
Wichtig: Einfluss auf die Verjährung hat unter Umständen auch das Schuldnerverhalten:
- Neuer Fristlauf: So beginnt die Verjährungsfrist gemäß 212 BGB wieder neu zu laufen, wenn der Schuldner einen offenen Anspruch ausdrücklich anerkennt. Das kann zum Beispiel durch Sicherheitsleistung, teilweise Tilgung oder auch Zinszahlung geschehen. Der dreijährige Verjährungs-Fristlauf beginnt dann im Januar des Folgejahres neu.
- Verzicht auf Leistungsverweigerungsrecht: Komplett aufgehoben ist eine drohende Verjährung, wenn ein säumiger Kunde ausdrücklich verspricht, die Zahlung auf jeden Fall zu leisten und für den Fall der Verjährung schriftlich auf sein Leistungsverweigerungsrecht (=Einrede der Verjährung) verzichtet.
Das genaue Verfahren und den Wortlaut solcher Vereinbarungen besprechen Sie am besten mit Ihrem Rechtsbeistand.