Ein Gutschein ist juristisch gesehen eine Urkunde, die in § 793 BGB als „Schuldverschreibung auf den Inhaber“ bezeichnet wird. Der Aussteller verspricht dem Inhaber des Gutscheins eine bestimmte Leistung. Gutscheine erfüllen im Geschäftsleben viele unterschiedliche Funktionen. Besonders weit verbreitet sind …
- Waren- oder Sachgutscheine (z. B. Konsum- oder Geschenk-Gutscheine),
- Leistungs-Gutscheine (z. B. Telefonkarten, Eintrittskarten, Fahrkarten, Reise-Gutscheine, Hotel-Vouchers),
- Werbe-, Preisnachlass- und Preiserstattungs-Gutscheine (z. B. Werbe-Coupons, Rabattmarken, Umtausch- oder Gutschriften-Gutscheine)
Gutscheine können auf verschiedenen Ebenen der Wertschöpfungskette ausgestellt werden (z. B. von Herstellern, Zwischen- oder Einzelhändlern oder auch nur mittelbar beteiligten Unternehmen). Obendrein entfalten sie im Zeitalter der Globalisierung zunehmend grenzüberschreitende Wirkung. Die umsatzsteuerliche Behandlung von Gutschein-Vorgängen wirft daher viele umsatzsteuerliche Fragen auf.
Im deutschen Umsatzsteuerrecht sind die wichtigsten Fragen zur Behandlung von Gutscheinen im aktuellen Umsatzsteuer-Anwendungserlass geregelt (ab Seite 606 in Abschnitt 17.2 „Preisnachlässe und Preiserstattungen“).
EU-weite Vereinheitlichung
Um den innergemeinschaftlichen Umgang mit Gutscheinen zu vereinheitlichen, hat die EU vor zwei Jahren die Gutschein-Richtlinie 2016/1065 verabschiedet. Am 1. Januar 2019 endet die Übergangsfrist: Mit Beginn des neuen Jahres gilt die Richtlinie in allen Mitgliedsländern. Nur die Wirkung auf Großbritannien ist Brexit-bedingt noch unklar. Um Gutscheine von Zahlungsmitteln zu unterscheiden und grenzübergreifend einheitlich zu behandeln, definiert die Richtlinie drei Gutschein-Begriffe:
- Ganz allgemein ist ein Gutschein demnach ein Instrument, bei dem der Aussteller verspricht, es ganz oder teilweise als Gegenleistung für eine Warenlieferung oder eine Dienstleistung anzunehmen. Ein Gutschein kann gegenständlich sein (z. B. Papier-Coupon) oder in elektronischer Form ausgegeben werden.
- Als Einzweck-Gutschein gilt jeder Gutschein, bei dem bereits zum Zeitpunkt der Ausstellung …
- der Ort der versprochenen Warenlieferung oder der Ort der Dienstleistung und
- der im Gutschein enthaltene Mehrwertsteuerbetrag feststehen;
- Mehrzweck-Gutscheine sind dagegen alle anderen Gutscheine.
Für die umsatzsteuerliche Behandlung geltenfolgende Grundsätze:
- Bei Einzweck-Gutscheinen entsteht die Umsatzsteuer grundsätzlich zum Zeitpunkt der Ausstellung am Ort der Warenlieferung oder Leistungserbringung (analog zur Behandlung der bisherigen Waren- und Sachgutscheine).
- Der von einem Einzweck-Gutschein noch nicht abgedeckte Teil der späteren Lieferung oder Leistung gilt als separater steuerpflichtiger Umsatz.
- Bei Mehrzweck-Gutscheinen entfaltet das Ausstellen dagegen noch keine umsatzsteuerliche Wirkung: Die entsteht in dem Fall erst beim Einlösen des Gutscheins.
Was zu tun ist, wenn Aussteller und erfüllender Lieferant oder Dienstleister nicht identisch sind, besprechen Sie am besten mit Ihrem Steuerberater. Der wird Sie auch bei der Einordnung strittiger Gutscheinarten (etwa von Essensgutscheinen) und anderen Detailfragen der neuen Umsatzsteuer-Vorschriften unterstützen. Falls Sie (noch) keinen Steuerberater haben, fragen Sie bei Ihrer Handels- oder Handwerkskammer oder direkt beim Finanzamt nach.